Hilpoltstein
"Wir wollen ein Geheimtipp sein"

Der Hilpoltsteiner Schuhmacher Hackner fertigt Hightech-Laufschuhe für anspruchsvolle Kunden

29.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:53 Uhr

Foto: DK

Hilpoltstein (DK) Hightech braucht keine glänzenden Glas- und Stahlfassaden, sie gedeiht sehr gut auch in alten Gemäuern. Ein junger Schuhmacher in Hilpoltstein beweist es mit einem hochmodernen Laufschuh, der sich in der Szene nach nur einem Jahr schon einen Namen gemacht hat.

Das verwinkelte Haus stammt aus dem 15. Jahrhundert, ist aber eher unscheinbar. Unter seinem Dach leben und arbeiten nun schon in dritter Generation die Schuhmacher der Familie Hackner. Der 1950 gegründete Familienbetrieb ist einerseits der Handwerkstradition verhaftet, andererseits aber höchst innovativ. Die Hackners sind nicht nur als Orthopädieschuhmacher weit über Hilpoltstein hinaus bekannt, sondern auch als Hersteller höchst individuell gefertigter Straßen-, Freizeit- und Sportschuhe - auch der Luxusklasse.

Jüngstes Produkt aus dem von Friedrich Hacker geführten Unternehmen ist ein von seinem Sohn Michael konstruierter Laufschuh. Der fällt nicht wie Massenware durch schrille Farben und Formen auf, sondern durch sein schlichtes Schwarz und mehr noch durch sein ungewöhnliches Innenleben. "Ich wollte schon immer einen besonderen Laufschuh machen, sozusagen die For

mel 1 im Schuhbereich", sagt der 37-Jährige. Zumal er auf dem Markt nichts fand, was seinen Ansprüchen als Läufer genügte. Mit dem "Runnertune Pace" hat sich der Juniorchef inzwischen seinen Traum erfüllt. Vor allem ging es ihm dabei "um die Themen Leistungsgewicht und Funktion". Daher werden in dem handgefertigten Schuh auch Hightech-Materialien verbaut, wie etwa das von Vater Friedrich Hackner erfundene Fußbett aus portugiesischem Kork, die von einer CNC-Maschine aus einem Block Ethylenvinylacetat (EVA) gefräste Zwischensohle oder das einteilige, sparsam vernähte Futter aus Oeko-Tex-Material. Das soll Reibungspunkte und Blasen verhindern - "der Schuh passt sich gewissermaßen dem Fuß an". Für ganz spezielle Wünsche und Fälle lässt sich dann auch noch eine Einlage individuell anpassen.

Nachhaltigkeit hat Hackner seinem Projekt ebenfalls ins Lastenheft geschrieben: Die mit einem sogenannten U-Tread verstärkte, durchgehende Laufá †sohle aus einer Gummimischung lässt sich, wenn sie abgerieben ist, ersetzen. Zudem könne der Schuh - Stichwort: Langlebigkeit - repariert werden, verspricht Michael Hackner. Und schließlich soll sich die ganze Konstruktion auch nicht mehr verändern - gut für die Kundenbindung.

"In der Schuhtechnik kann ich mich austoben", meint der gelernte Orthopädieschuhmacher. Hochtechnologie und industrielle Produktion lernte er nach der Lehre während des Studiums der Schuhtechnik in Pirmasens kennen. Die Verbindung handwerklicher mit industriellen Kenntnissen und Fertigkeiten sei dann in die Konstruktion des Laufschuhs mit eingeflossen, sagt der Diplom-Ingenieur: "Da konnte ich meine kreative Ader ausleben."

Das dauerte bei der Umsetzung seines Laufschuhkonzepts "etwa eineinhalb bis zwei Jahre". Die brauchte es, um die Prototypen des "Runnertune Pace" aufzubauen, zu testen, umzubauen, wieder zu testen, und immer weiter zu verfeinern - bis Anfang 2015 endlich "der Punkt erreicht war, wo man sagen konnte: ,Jetzt steht er'." Seither fertigen die zehn Angestellten und vier Familienmitglieder der Schuhmanufaktur täglich etwa zwei Paar der Laufschuhe.

Seit Anfang vergangenen Jahres ist das Produkt auf dem Markt und hat selbst ohne großes Marketing einen verhältnismäßig rasanten Start hingelegt. Allein im ersten Jahr gingen bereits 130 Paar über den Ladentisch. "In diesem Jahr sollten es schon um die 250 Paar werden." Insgesamt setze der Betrieb jährlich etwa 1000 Paar handgefertigter Schuhe ab, sagt Michael Hackner.

Gute Handwerksarbeit hat freilich ihren Preis. 399 Euro muss schon berappen, wer mit Hackners Laufschuh unterwegs sein will. Doch Kunden gibt es offenbar genug - vor allem in Deutschland, aber auch in Polen und Großbritannien. Auch eine Bestellung aus Hongkong war schon dabei. Zwar verkauft Hackner "nur direkt", aber Ausnahmen bestätigen die Regel: Wenn es nicht anders geht, werden auch Orders per Internet angenommen. Dann bekommt der Kunde ein Paket mit Trittschaum. In den muss er hineinsteigen und dann seinen Fußabdruck zurück nach Hilpoltstein schicken. Damit kann Hackner den Schuh individuell anpassen. Zusätzlicher Vorteil: Hackner fertigt seine Schuhe in europäischen und nicht in amerikanischen Größenmaßen. Damit hat der Kunde deutlich mehr Auswahl.

Weil der Laufschuh nicht im Handel zu haben ist und die Werbung weitgehend auf Laufveranstaltungen beschränkt bleibt, sind größere Stückzahlen nicht drin. Doch die hat Hackner ohnehin nicht im Blick, denn: "Die Qualität darf nicht leiden. Da ist es gut, dass der Schuh ein exklusives Produkt ist." Und so setzt er mehr auf Mundpropaganda. "Wir wollen ein Geheimtipp sein."