Fürth
Für den sicheren Durchblick

Schutz für den Menschen: Seit nun 90 Jahren produziert das Fürther Familienunternehmen Uvex Brillen, Helme, Arbeitskleidung und Schuhe. Angefangen hat alles in einem Schuppen.

02.12.2016 | Stand 02.12.2020, 18:58 Uhr

Michael Winter ist der Enkel des Firmengründers und seit 1999 Geschäftsführender Gesellschafter. - Foto: Uvex

Fürth (DK) Felix Neureuther hat ihn, Severin Freund ebenso, Natalie Geisenberger hat ihn, und auch Isabell Werth - die Sportler tragen einen Helm aus dem Hause Uvex. Auch Skibrillen, Rad- und Reithandschuhe, Sonnenbrillen, Arbeitsschuhe, Gehörschutz und Arbeitskleidung werden von dem Fürther Familienunternehmen produziert. In diesem Jahr feiert Uvex 90-jähriges Bestehen.

Gegründet wurde der Vorläufer des Unternehmens im Jahr 1926 von Philipp M.Winter als "Optische Industrieanstalt Philipp M. Winter" in einem Werkschuppen in Fürth. Dort fertigte er Schutzbrillen, die die Augen der Arbeiter vor Metallsplittern oder Funken schützen sollten. In den 30er-Jahren dann kam die erste Skibrille auf den Markt - die Kunststoffscheiben wurden per Hand zusammengenäht, die Kanten mit einem plüschbesetzten Materialband abgenäht.

1956 schließlich hat der Sohn des Firmengründers, Rainer Winter, die Marke Uvex entwickelt, als Kurzform von "Ultraviolet Excluded", unter der seitdem alle Sport- und Freizeitprodukte vertrieben werden. Die Produktpalette ist nach und nach gewachsen. So kamen zum Beispiel Stiefel, Arbeitshandschuhe, Rad- und Skihelme sowie Reithandschuhe dazu.

In den 1970er-Jahren dann machte sich die Zusammenarbeit mit zahlreichen Spitzensportlern bezahlt: Olympiasieger und Sieger in diversen Weltcup-Rennen trugen Uvex-Skibrillen. Auch Rosi Mittermaier und Christian Neureuther fuhren damit. Heute ist das Unternehmen Ausrüster von mehr als 1000 Spitzensportlern weltweit. "Mit ihnen zusammen entwickeln wir Helme und Brillen immer weiter", erzählt der Geschäftsführende Gesellschafter Uvex Group, Michael Winter. Der Enkel des Firmengründers führt das Unternehmen seit 1999.

Gefertigt werden die Brillen unter anderem am Stammsitz in Fürth. Aus Granulat werden dort Brillen - für den Arbeitsschutz und den Sport. Sie werden in den Hallen geformt und beschichtet, damit sie von außen kratzfest sind und von innen nicht beschlagen. Für den Arbeitsschutz müssen sie bei extremen Minustemperaturen wie auch bei Hitze einsetzbar sein - sie sollen Arbeiter auf westsibirischen Ölplattformen ebenso schützen wie in afrikanischen Goldminen. Zahlreiche Fertigungsschritte sind dort automatisiert. "Wir brauchen Automatisierung wie Digitalisierung, um die Möglichkeit der Individualisierung zu haben", so Winter. Der 51-Jährige betont allerdings, dass man dadurch nicht weniger Arbeitskräfte brauche, sondern höher qualifizierte. Vor allem im IT-Bereich sei es bisweilen schwierig, qualifizierte Mitarbeiter zu bekommen.

90 Jahre Uvex bedeuten nicht 90 Jahre kontinuierliches Wachstum - Rückschläge musste das Fürther Familienunternehmen immer wieder hinnehmen. "Natürlich gab es auch schwierige Momente in unserer Geschichte", erzählt Michael Winter. "Einer war zum Beispiel 1992, als mein Vater auf einer Baustelle gestürzt ist und schwere Schädelverletzungen erlitten hat. Da wussten wir zunächst nicht, wie es weitergehen sollte." Er selbst war zu dieser Zeit bei Uvex in den USA als Assistent. "Der damalige Geschäftsführer und der Beirat haben dann beschlossen, das US-Geschäft und die Rechte an der Marke in Nord- und Südamerika zu verkaufen." Inzwischen ist Uvex allerdings auf den amerikanischen Markt zurückgekehrt. Ende Oktober gab das Unternehmen den Erwerb einer Beteiligung am US-Unternehmen Hexarmor bekannt. "Wir sind sehr froh, nach 20 Jahren wieder an dem größten Arbeitsschutzmarkt der Welt teilnehmen zu können", hieß es.

Eine weitere schwierige Phase erlebte das Unternehmen während der Bankenkrise 2008/2009, "da haben uns plötzlich 40 Millionen Umsatz im Jahr gefehlt". Und auch aktuell gibt es große Herausforderungen: "Großbritannien war vor dem Brexit unser größter Markt. Ab Januar allerdings werden die Produkte im Zuge der Währungsgeschichte etwa zehn Prozent teurer."

Auch in Russland, wo man mit Gazprom zusammenarbeitet, stieß Uvex auf Schwierigkeiten: "Wir hatten große Probleme, da die Unternehmen dort die Schutzhelme nur aus russischer Produktion kaufen durften. Deswegen fertigen wir nun Arbeitsschutzhelme für diesen Markt mit einem russischen Partner."

Ein eigenes Werk gibt es inzwischen zudem in China: Wegen der anderen Kopfform der Asiaten können die Helme nicht einfach 1:1 aus Europa importiert werden. "Wir fertigen die Helme dort, denn wir müssen global agieren." Michael Winter ist allerdings wichtig, dass das Know-how bei Uvex bleibt - "die Beschichtung der Scheiben machen wir nicht in China, sondern hier bei uns". Er setzt auf die eigene Herstellung - "und Innovationen müssen aus uns selbst kommen".

Wichtige Uvex-Kunden sind auch Volkswagen und Audi, und deswegen verfolgt man in Fürth genau, was in Wolfsburg im Zuge des Abgas-Skandals geschieht. "Wenn der Vorstandsvorsitzende Matthias Müller fünf Milliarden Euro einsparen muss oder keine Ferienarbeiter mehr beschäftigt, betrifft das auch uns." Uvex beliefert die Automobilhersteller unter anderem mit Arbeitsschuhen.

Im Sportbereich laufen die Geschäfte unterschiedlich: "Bei den Skihelmen etwa müssen wir keinen Bedarf mehr wecken. Der europäische Markt ist gesättigt und aktuell nicht relevant, und auch die Russen fallen als Kunden weg." Punkten könne man bei Mode und Innovationen. "Was bei uns sehr gut funktioniert, ist zum Beispiel der Helm plus die Skibrille." Doch das Wintersportgeschäft wird eine Herausforderung bleiben. "Wir hatten jetzt bei uns drei mehr oder weniger grüne Winter in Folge."

Wachsen kann das Unternehmen in diesem Bereich noch in den USA. "In Japan sind wir Marktführer und in Südkorea gut vertreten. Zudem bereiten wir uns bereits auf die Olympischen Winterspiele 2022 in Peking vor", sagt Michael Winter. Schließlich wollen die Chinesen gut vorbereitet sein und möglichst viele Medaillen holen. "Die Absatzmärkte verschieben sich also, es wird immer internationaler."

Wachstumschancen sieht das Unternehmen unter anderem bei Helmen für den Rad- und den Reitsport. Dieser Bereich soll daher langfristig ausgebaut werden. Der Konzern blickt optimistisch in die Zukunft, ein organisches Wachstum von vier bis fünf Prozent pro Jahr sind das Ziel, "im Jahr 2020 wollen wir eine halbe Milliarde Umsatz machen", sagt Michael Winter.