München
"Wir bleiben auf Vollbeschäftigungskurs"

Bayerns Arbeitsministerin Emilia Müller über die Arbeitslosenquote und den Strukturwandel

21.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:27 Uhr

Bayerns Arbeitsministerin Emilia Müller spricht im Interview mit dem Donaukurier über die Arbeitslosenquote im Freistaat und wie zukunftssicher die bayerische Wirtschaft wirklich ist.

Frau Müller, welche Arbeitslosenquote erwarten Sie für Bayern?

Emilia Müller: Ich rechne für September mit einer Quote von 3,2 Prozent. Das ist der niedrigste Septemberwert seit 20 Jahren. Damit bleiben wir auf Vollbeschäftigungskurs. Im Jahresschnitt rechne ich mit 230.000 Arbeitslosen. Das sind nochmals rund 20.000 weniger als vor einem Jahr.

 

Regional gibt es noch immer große Unterschiede. In Niederbayern etwa liegt Passau über dem bayerischen Arbeitslosigkeitsschnitt, in Oberbayern die Landkreise Altötting, Mühldorf und Ingolstadt. Was tun Sie, um diese Unterschiede endlich auszugleichen?

Müller: Wir diskutieren in Bayern schon auf sehr hohem Niveau. Die Arbeitsmarktsituation ist hervorragend, in vielen Regionen herrscht Vollbeschäftigung. Auch die Stadt Ingolstadt hat mit zuletzt 3,3 Prozent fast Vollbeschäftigung. Die Landkreise Altötting und Mühldorf lagen zuletzt mit Werten von 3,3 beziehungsweise 3,4 Prozent nur unwesentlich über dem Landesschnitt. Handlungsbedarf sehe ich vor allem in manchen Städten, zum Beispiel in Nürnberg, Hof oder Weiden. Dort finden wir teilweise eine verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit. Deshalb haben wir erst vor Kurzem das Konzept Cura gestartet: Hier arbeiten Jobcenter und Jugendamt eng zusammen und nehmen die gesamte Familie in den Blick. Sie stabilisieren die gesamte Familie, damit der langzeitarbeitslose Familienvater wieder in Arbeit kommt.
 

Bayern ist extrem exportabhängig und automobillastig. Im Moment beschert uns das viel Wohlstand. Doch Brexit und US-amerikanische Abschottungspolitik bedrohen diese Situation, ebenso, dass das Automobil politisch ins Visier gerät. Ist Bayern gefährdet?

Müller: Die Wirtschaft in Bayern ist stark. Die Konjunkturaussichten sind trotz Brexit und der Probleme beim Diesel weiterhin hervorragend. Daran haben auch die diversen Ankündigungen des amerikanischen Präsidenten nichts geändert. Zumal unsere Unternehmen sehr eng mit den Vereinigten Staaten zusammenarbeiten, viele haben dort eigene Produktionsstätten. Das gilt nicht nur für unsere Großkonzerne, sondern auch für viele Mittelständler.

 

Was tun Sie, um die Struktur in Bayern so zu ändern, dass derartige Risiken in Zukunft nicht mehr bestehen?

Müller: Bayern hat den Strukturwandel zum weltweit renommierten Hightech-Land geschafft. Jetzt geht es darum, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen und die Herausforderungen anzunehmen. Wir müssen die Zukunft gestalten und dafür Unternehmen, aber auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fit für die Zukunft machen. Deswegen investiert der Freistaat Bayern drei Milliarden Euro in die Digitalisierung und investiert dabei auch kräftig in die Aus- und Weiterbildung.

 

Offensichtlich brummt unser Wirtschaftsmotor seit Langem. Haben Sie Verständnis, dass viele Arbeitnehmer endlich ein größeres Stück vom Kuchen abhaben wollen?

Müller: Natürlich - das passiert schon. Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben in diesem Jahr ein ordentliches Plus in der Lohntüte. Nach der Bundestagswahl wird es mit uns eine gewaltige Steuerentlastung geben. Damit bleibt Klein- und Mittelverdienern mehr Netto vom Brutto. In den letzten zehn Jahren sind in Bayern über eine Million neue sozialversicherungspflichtige Jobs entstanden. Das bedeutet, das sind jetzt eine Million Menschen mehr, die vom Wohlstand in Bayern profitieren.

 

Das Interview führte Alexander Kain.