Frankfurt
Jetzt regiert der Rotstift

Commerzbank streicht 7300 Stellen und die Dividende Radikaler Umbau

29.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:14 Uhr

Frankfurt (AFP) Nach tagelangen Spekulationen hat die Commerzbank einen Stellenabbau im großen Stil bestätigt. Bis 2020 würden 9600 Vollzeitjobs gestrichen, teilte das Unternehmen gestern mit. Und Dividenden gibt es auf absehbare Zeit auch nicht mehr.

Das zweitgrößte deutsche Geldinstitut streicht damit fast jeden fünften Arbeitsplatz. Die Bank will sich stärker aufs Kerngeschäft konzentrieren und unter anderem das Investmentbankring reduzieren. Denn die Commerzbank tut sich ebenso wie die Konkurrenz schwer mit den anhaltend niedrigen Zinsen. Zugleich müssen die Geldinstitute zunehmen scharfe Vorschriften der Aufsichtsbehörden einhalten. Auch gibt es im deutschen Bankensektor einen harten Wettbewerb. Zusätzlichen Druck bringt die neue Konkurrenz aus der Digitalbranche mit sich. Die Commerzbank musste nach einem kräftigen Gewinnplus im vergangenen Jahr für das 1. und 2. Quartal 2016 wieder deutliche Rückgänge verkünden.

Nun soll eine umfassende Neuausrichtung in den nächsten vier Jahren helfen. Die Bank wolle sich "auf ihre Kerngeschäfte konzentrieren, 80 Prozent ihrer relevanten Prozesse digitalisieren und dadurch signifikante Effizienzgewinne realisieren", erklärte das Unternehmen gestern in Frankfurt. Die Geschäftsbereiche würden auf nur noch zwei reduziert: "Privat- und Unternehmerkunden" sowie "Firmenkunden". Das Handelsgeschäft im Investmentbanking werde zurückgefahren.

"Die Fokussierung aufs Kerngeschäft und die damit einhergehende Aufgabe einzelner Geschäftsaktivitäten sowie die Digitalisierung und Automatisierung von Arbeitsabläufen werden zu einem Stellenabbau in Höhe von rund 9.600 Vollzeitkräften führen", erklärte die Commerzbank. Es sollten dazu "zeitnah" Gespräche mit den Arbeitnehmergremien beginnen. Zuletzt hatte das Unternehmen gut 50 000 Mitarbeiter. Zugleich stellte die Bank die Schaffung von 2300 neuen Stellen "in Wachstumsfeldern" in Aussicht. Somit belaufe sich der "Netto-Stellenabbau" auf rund 7300 Vollzeitkräfte. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) berichtete vorab unter Berufung auf Arbeitnehmerkreise, dass der Stellenabbau nur dann erreicht werden könne, wenn in den Filialen und im Vertrieb Jobs gestrichen werden. Der Arbeitsplatzabbau würde sowohl das Privat- als auch das Firmenkundengeschäft betreffen.

Der Umbau kostet die Bank einiges; sie rechnet mit 1,1 Milliarden Euro. Dividendenzahlungen an die Aktionäre werde es vorerst nicht geben, teilte die Bank weiter mit. Mögliche Gewinne sollen in die Rücklage fließen. Damit geht auch der Staat leer aus, der nach seiner Rettungsaktion für die Bank in der Finanzkrise derzeit noch etwa 15 Prozent der Anteile hält. Im Zusammenhang mit dem Umbau erwartet die Bank im laufenden 3. Quartal einen Verlust. Das Gesamtjahr 2016 soll aber "ein leicht positives Konzernergebnis" bringen.

Der Umbauplan sei dem Aufsichtsrat vorgelegt worden und werde am heutigen Freitag vom Vorstand beschlossen, erklärte die Commerzbank. Die Veröffentlichung bereits einen Tag zuvor sei eine "Reaktion auf aktuelle Marktgerüchte". In den vergangenen Tagen waren insbesondere zum Stellenabbau immer neue Zahlen in Umlauf gebracht worden. Außerdem gab es Berichte über eine Fusion mit dem ebenfalls angeschlagenen größten deutschen Kreditinstitut, der Deutschen Bank. Heute will die Commerzbank näher über den Konzernumbau informieren.

Nach der Bekanntgabe der Informationen zu den geplanten Veränderungen sank der Commerzbank-Aktienkurs bis zum Nachmittag um 1,6 Prozent. Damit kostete das Papier nur noch 5,90 Euro.