Brüssel (DK
Runter mit den Emissionen

EU-Kommissionsplan für das saubere Auto stößt aber auf Kritik von vielen Seiten

08.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:14 Uhr

Brüssel (DK) Weniger Belastung fürs Klima, zugleich eine leistungsfähigere Autoindustrie - die EU-Kommission verspricht sich viel von ihrem Paket für klimafreundlicheren Verkehr. Aber Kritik an den Vorschlägen ließ gestern nicht lange auf sich warten.

Die EU-Kommission hat ihre Klimaschutzpläne für Autos bis 2030 offiziell beschlossen. Brüssel verspricht sich davon aber nicht nur wirksamen Klimaschutz und einen Innovationsschub für saubere Autos, sondern auch handfeste Einsparungen für Verbraucher an der Zapfsäule.

Klimakommissar Miguel Arias Cañete rechnete aus heutiger Sicht vor, dass Tanken für einen Neuwagen 2025 im Schnitt jährlich um 600 Euro billiger werde, 2030 sogar um 1500 Euro. Bei Ölimporten könne Europa 2030 rund sechs Milliarden Euro sparen. Bis zu 70 000 neue Jobs seien zu erwarten. Und die Vorschläge würden helfen, so viel an Klimagasen einzusparen, wie Griechenland und Österreich zusammen pro Jahr in die Luft bliesen, sagte Cañete.

Die Pläne waren schon am Dienstag bekannt geworden. So sollen Neuwagen bis zum Jahr 2025 im Schnitt zunächst 15 Prozent weniger Kohlendioxid (CO2) ausstoßen, bis 2030 dann 30 Prozent weniger. Tun sie das nicht , drohen den Autobauern empfindliche Strafen. Arias Cañete betonte, die Einhaltung der Ziele werde künftig strenger kontrolliert. Dazu würden Verbrauchsanzeigen für alle Neuwagen vorgeschrieben.

Darüber hinaus will die Kommission bis 2030 möglichst 30 Prozent Neuwagen mit Elektro- oder anderen alternativen Antrieben auf die Straße bringen. Dafür stellt sie 800 Millionen Euro zum Ausbau von Ladestationen für E-Autos in ganz Europa bereit. Geplant sind auch Vorschriften zur Anschaffung von abgasarmen Autos bei Behörden und die Förderung öffentlicher Verkehrsmittel.

Für Hersteller will die EU-Behörde ein Anreizsystem: Wenn die Konzerne ihren Anteil an Modellen mit wenig oder gar keinen Abgasen rasch steigern, sollen sie beim Erreichen der CO2-Ziele Bonuspunkte bekommen. Dies gilt, wenn 2025 mehr als 15 Prozent und 2030 mehr als 30 Prozent ihrer verkauften Neuwagenflotte emissionsarm sind. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte dazu, er wolle Europa in eine Führungsrolle im Kampf gegen den Klimawandel bringen, zumal die USA ihre Ambition aufgegeben hätten. Sein Vizepräsident Maros Sefcovic beschwor eine Führungsrolle auch für die europäische Industrie, die die "besten, saubersten und wettbewerbsfähigsten Autos" bauen solle.

Die Autohersteller stellen sich jedoch quer. Der europäische Branchenverband ACEA kritisierte vor allem, dass schon für 2025 ein verbindliches Zwischenziel vorgesehen ist. Das lasse zu wenig Zeit. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) erklärte, es sei mehr als fraglich, dass die neuen CO2-Werte zu schaffen seien.

Von Grünen und Umweltschützern kam nicht weniger heftige Kritik. "Die EU-Kommission ist vor den Autoherstellern eingeknickt", monierte der Verkehrsclub VCD. "Dieser lasche Vorschlag wird den Verkehrssektor nicht auf Klimakurs bringen." Der Grünen-Bundestagsfraktionsvize Oliver Krischer nannte den Entwurf eine Mogelpackung. Sein Europakollege Sven Giegold verlangte eine Senkung der CO2-Werte um 60 Prozent bis 2030.

Ähnlich drastische Einschnitte hält das Umweltbundesamt für nötig. Dessen Präsidentin Maria Krautzberger erklärte: "Wir brauchen eine Minderung der CO2-Flottengrenzwerte von fast 70 Prozent im Jahr 2030 gegenüber 2021."

Auch Ferdinand Dudenhöffer, Autoexperte der Universität Duisburg-Essen, monierte gegenüber unserer Zeitung, die von der Kommission vorgeschlagenen Grenzwerte seien "nicht ehrgeizig genug". Zudem mangele es auch künftig an einer effizienten Kontrolle. "Brüssel hat sich offensichtlich vor den Karren der Autohersteller spannen lassen. Eine E-Autoquote ist überfällig", so Dudenhöffer.

Die Kritiker hoffen nun auf das Gesetzgebungsverfahren, an dem das Europaparlament und die EU-Mitgliedsländer beteiligt sind. Die Bundesregierung ist für Ziele, die "ehrgeizig sein sollen und erreichbar", wie Sprecher Steffen Seibert sagte. Wie sie sich genau positioniert, hängt nun vom Ausgang der laufenden Koalitionsgespräche in Berlin ab.