Brüssel
Ceta seit heute vorläufig in Kraft

Brüssel betont Vorteil für Unternehmen Kritiker sehen Einschränkung der Gestaltungsräume

20.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:28 Uhr

Brüssel/Ottawa (AFP) Das vor allem zu Beginn heftig umstrittene Freihandelsabkommen Ceta tritt heute vorläufig in Kraft. Die Vereinbarung mit Kanada wird europäischen Unternehmen nach Einschätzung der EU-Kommission Einsparungen in Höhe von 590 Millionen Euro bescheren - jährlich.

Dies sei genau der Betrag, den Firmen bisher an Zöllen für nach Kanada ausgeführte Güter zahlen müssten, erklärte die Behörde gestern Mittag in Brüssel.

Handelskommissarin Cecilia Malmström erklärte, das Abkommen habe "das Potenzial, Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Jobs anzukurbeln". Schon am ersten Tag des Inkrafttretens seien 98 Prozent aller Produktgruppen von Zöllen befreit, schrieben Malmström und der kanadische Handelsminister FranÃ.ois-Philippe Champagne in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Rundschau". Hierzu zähle "alles von Industrieausrüstungen über medizinische Geräte bis hin zu Nahrungsmitteln und Bekleidung".

Die Europäische Union und Kanada hatten im vergangenen Jahr ihre Verhandlungen über das Abkommen abgeschlossen. Endgültig kann Ceta aber erst in Kraft treten, nachdem es von insgesamt 38 nationalen sowie regionalen Parlamenten in den EU-Staaten ratifiziert wurde. Bisher ist die Ratifizierung erst in fünf der 28 EU-Länder abgeschlossen: Dänemark, Kroatien, Lettland, Malta und Spanien haben sich dazu bekannt.

Das globalisierungskritische Netzwerk Attac warf der EU-Kommission und auch der Bundesregierung vor, Ceta über ein "undemokratisches Durchpeitschen" vorläufig in Kraft zu setzen. Durch das Abkommen würden "demokratische Gestaltungsräume" der EU-Länder eingeschränkt, warnte Attac. In der Landwirtschaft würden vor allem Kleinbauern unter Ceta leiden, "weil sich der Preisdruck verschärfen wird".

Der Start der vorläufigen Anwendung sei "ein schlechter Tag für Europa", erklärte die Vorsitzende der Grünen im Europaparlament, Ska Keller. Durch das Abkommen werde in die öffentliche Daseinsvorsorge eingegriffen und das in der EU geltende Vorsorgeprinzip aufgeweicht. Dieser Grundsatz lässt Verkaufsverbote und Rückrufe von Produkten auch zu, wenn wissenschaftliche Daten keine umfassende Risikobewertung zulassen. Gut sei als Einziges, dass "die hochproblematischen Schiedsgerichte vorerst ausgeklammert sind", erklärte Keller weiter. "Ob ausländische Investoren gegen Staaten klagen können, hängt von der noch anstehenden Ratifizierung der EU-Staaten und damit auch der Zustimmung des Deutschen Bundestags in Berlin ab."