Bonn
Langsam wird das Netz dichter

Bundesnetzagentur veröffentlicht Karte mit Zapfsäulen für E-Autos doch die ist unvollständig

18.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:17 Uhr

Bonn/Ingolstadt (DK) Nach Jahren des gefühlten Stillstands geht es endlich voran mit dem Ausbau des Strom-Tankstellennetzes in Deutschland. Eigentlich eine gute Nachricht, die die Bundesnetzagentur da gestern verkündete. Doch gleichzeitig stiftete sie neue Verwirrung.

Die Strom-Tankstellen sind die Achillesverse der Elektromobilität. So lange es kein dichtes Netz leistungsfähiger Zapfsäulen gibt, wird auch der Durchbruch der E-Autos auf sich warten lassen. Doch Jochen Homann, der Chef der Bundesnetzagentur, versprühte gestern Zuversicht. "Wir sind zuversichtlich, dass der Ausbau der öffentlichen Ladestruktur zügig voranschreiten wird", sagte er in Bonn. Allein seit Mitte März 2016 seien der Behörde 1900 neue öffentliche Ladepunkte gemeldet worden.

Gleichzeitig veröffentlichte die Bundesnetzagentur im Internet eine interaktive Karte, auf der die öffentlichen Ladestellen für Elektromobile eingezeichnet sind (www.bundesnetzagentur.de/ladesaeulenkarte). "Mit der Veröffentlichung kann sich jede Verbraucherin und jeder Verbraucher einen Überblick über die aktuelle Verteilung der Ladesäulen in Deutschland verschaffen", verkündete Homann. Doch mit dem Überblick ist das so eine Sache.

In Ingolstadt führt die neue Karte der Bundesnetzagentur zum Beispiel ganze sieben Ladestationen auf, in den Landkreisen Neuburg-Schrobenhausen und Aichach jeweils keine einzige. Das ist verdächtig wenig. Und wirklich: Ein Blick in den vom Bayerischen Wirtschaftsministerium unterstützten "Ladeatlas Bayern" (ladeatlas.elektromobilitaet-bayern.de) zeigt ein ganz anderes Bild: deutlich mehr Zapfstellen in Ingolstadt, zusätzlich auch welche in Neuburg und Aichach. Ein ähnliches Bild geben die Zahlen für den ganzen Freistaat ab: 1300 Ladestationen für Elektroautos führt der "Ladeatlas Bayern" auf, nur 442 die Karte der Bundesnetzagentur.

Der Grund für die Diskrepanz: Erst seit März 2016 gibt es eine Meldepflicht für neue öffentliche E-Auto-Ladestationen. Bei allen älteren Anlagen ist die Bundesnetzagentur auf freiwillige Meldungen angewiesen. Deshalb ist die Karte so lückenhaft, wie in der Behörde auch eingeräumt wird. Aber warum dann überhaupt eine neue E-Tankstellenkarte, wo es doch im Netz schon eine ganze Reihe vollständigere, aktuellere gibt?

Diese Frage stellt sich auch der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies, der das Projekt gestern scharf kritisierte. "Die heute veröffentlichte Karte hätte man sich getrost schenken können, denn sie spiegelt nicht einmal im Ansatz die Wirklichkeit wider", sagte er. "Die Karte verunsichert die Autofahrer nur und ist wenig hilfreich", so der SPD-Politiker.

Wenn man dem Ganzen trotzdem etwas Gutes abgewinnen will, dann das: Das Zapfsäulen-Netz für E-Autos in Deutschland wird wirklich dichter - offenbar schneller, als das die Bundesnetzagentur registrieren kann. Vor allem steigt die Zahl der sogenannten Schnellladepunkte, die den Ladevorgang vor allem an den großen Verkehrsachsen beschleunigen sollen.

Den Befürwortern der Elektromobilität geht das trotzdem viel zu langsam. "Wir haben die Entwicklung komplett verschlafen", ärgert sich Kurt Sigl, der Chef des Bundesverbandes E-Mobilität, über den Stand des Ladesäulen-Netzes in Deutschland. "Viele Nachbarländer sind uns um Welten voraus." Die Politik müsse endlich den Willen zeigen, den E-Autos zum Durchbruch zu verhelfen. Der Ingolstädter lebt das schon mal vor. "Meine Frau und ich, wir fahren seit vier Jahren elektrisch", sagt Sigl. Und zwar "ohne irgendein Problem". Rund 200 000 Kilometer sind inzwischen zusammengekommen - ganz ohne die Karte der Bundesnetzagentur.