Berlin
Zeichen deuten auf Zerschlagung

Krisentreffen zu Kaiser's Tengelmann: Wenig Hoffnung auf Erhalt der Kette

22.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:16 Uhr

Berlin (AFP) Vor dem Spitzentreffen zu einer möglichen Rettung der verlustreichen Supermarktkette Kaiser's Tengelmann gab es gestern kaum Aussichten auf einen Durchbruch. Die Beteiligen rechneten offenbar mehr mit einer Zerschlagung der Supermarktkette.

An dem Gespräch in Frankfurt nahmen gestern Abend Tengelmann-Miteigentümer Karl-Ervian Haub, Edeka-Chef Markus Mosa und Rewe-Chef Alain Caparros teil. Das Treffen fand auf Initiative der ebenfalls an dem Spitzengespräch beteiligten Gewerkschaft Verdi statt, die angesichts der Hängepartie um die Zukunft von Kaiser's Tengelmann nichts unversucht lassen wollte. Wichtige Akteure im Ringen um die blockierte Übernehme der angeschlagenen Supermarktkette durch Edeka - Norma und die Handelskooperation Markant - nahmen aber an dem Treffen nicht teil.

Dabei klagen neben Rewe auch Norma und Markant gegen die von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) erteilte Ministererlaubnis vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf. Norma hält daran vorerst auch fest. Das Unternehmen sehe derzeit "keine Veranlassung", seine rechtliche Position zu verändern, erklärte eine Unternehmenssprecherin. Markant äußerte sich mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht.

Selbst wenn Rewe sich beim Gipfeltreffen zu einer Rücknahme seiner Klage gegen die Ministererlaubnis bereit erklären würde, wäre somit das juristische Tauziehen nicht vorbei. Die Beschwerden der anderen Unternehmen hätten weiter Bestand. Da sich der juristische Streit noch lange hinziehen kann, erwägt Tengelmann, die Kette zu zerschlagen. Viele der 16 000 Beschäftigten könnten dann ihren Job verlieren. Dabei könnte es vor allem Filialen in Nordrhein-Westfalen treffen. Die Weichen dafür könnten schon heute bei einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung von Kaiser's Tengelmann gestellt werden.

Arbeitnehmervertreter forderten vor dem Spitzentreffen eine Übergangslösung von Tengelmann-Chef Haub. "Statt Zerschlagungsszenarien brauchen wir ein Fortführungskonzept, das trägt, bis die Gerichte entschieden haben oder es eine Einigung aller Beteiligten gibt", sagte Aufsichtsratsmitglied und Betriebsratschef der Region München/Oberbayern, Manfred Schick, der "Wirtschaftswoche". Haub trage "Verantwortung für die Lage". Auch Rewe-Gesamtbetriebsratschef Andreas Ratzmann meldete sich zu Wort. Seine Kollegen hätten "sehr viel Verständnis" für die Mitarbeiter von Kaiser's Tengelmann. Allerdings würde eine Komplettübernahme durch Edeka für Rewe einen "schweren Schaden" bedeuten.

Die Betriebsräte würden täglich angesprochen, wie es mit Rewe weitergehe, wenn Edeka eine "absolute marktbeherrschende Position" erreichen würde. Vor allem in Berlin und Bayern gebe es "große Sorgen über die Sicherheit der Arbeitsplätze", sagte Ratzmann.

Kaiser's Tengelmann schreibt seit Jahren rote Zahlen. Die Tengelmann-Gruppe als Eigentümer will sich deshalb über kurz oder lang aus dem Supermarktgeschäft verabschieden.

Rewe-Chef Alain Caparros wollte bei dem Spitzentreffen zur Zukunft von Kaiser's Tengelmann eine "faire Aufteilung" der Filialen fordern. Eine solche Lösung könne "innerhalb von Wochen realisiert werden", weil sie "wettbewerbsrechtlich machbar" sei, erklärte Caparros gestern im Vorfeld des Treffens.

Caparros gehe "mit klarem Auftrag und Ziel" in das Gespräch, teilte Rewe ergänzend mit. "Wir können die Arbeitsplätze bei Kaiser's Tengelmann sichern, indem wir gemeinsam den Weg frei machen für eine faire Aufteilung der Märkte." Der Kölner Handels- und Touristikkonzern sei bereit, für alle übernommenen Filialen die Sicherung der Arbeitsplätze und die tarifvertragliche Bezahlung einzuhalten, so wie es die Sondererlaubnis von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) für die auf Eis liegende Übernahme der verlustreichen Kette durch Edeka verlangt.