Berlin
Signal gegen Protektionismus

EU und Japan einigen sich über die Grundzüge eines Handelspakts

06.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:49 Uhr

Berlin (AFP) Es soll eine klare Botschaft an die Welt für offenen Handel sein: Kurz vor Beginn des G 20-Gipfels haben die EU und Japan eine grundsätzliche Einigung über ein japanisch-europäisches Handelsabkommen (Jefta) erzielt. Bis Ende des Jahres soll eine endgültige Fassung stehen.

Warum will Europa

ein Handelsabkommen

mit Japan schließen?

Die Europäische Union und Japan stehen zusammen für knapp ein Drittel der weltweiten Wirtschaftsleistung. Für Japan ist die EU der drittgrößte Handelspartner - in der Liste der EU-Handelspartner steht Japan auf Platz sechs. Im vergangenen Jahr exportierten europäische Unternehmen Waren im Wert von 58,1 Milliarden Euro nach Japan, im gleichen Zeitraum importierte die EU japanische Güter im Wert von 66,4 Milliarden Euro. Ein Großteil des Warenverkehrs machen Maschinen und Elektrogeräte, Fahrzeuge sowie Chemie- und Pharmaprodukte aus.

Die EU möchte die Ausfuhren nach Fernost erhöhen. Europäische Unternehmen beschweren sich über Zölle und nicht-tarifäre Handelsschranken wie unterschiedliche Normen und Vorschriften. So werden etwa Käseexporte aus der EU mit Zöllen in Höhe von bis zu 40 Prozent verteuert. Tokio stößt sich besonders an Zöllen, die Europa auf Autos aufschlägt. Nach Angaben der EU-Kommission würde das Freihandelsabkommen schrittweise fast alle Zölle abschaffen, die sich aktuell auf eine Milliarde Euro jährlich belaufen. Besonders im Bereich der industriell verarbeiteten Lebensmittel könnten die Exporte boomen, Brüssel rechnet hier mit einem Anstieg um bis zu 180 Prozent. Japan soll zum Beispiel mehr als 200 geschützte Herkunftsbezeichnungen bei Lebensmitteln anerkennen.

Was ist die politische

Botschaft?

Dass Europäer und Japaner ihre Einigung auf ein Handelsabkommen im Umfeld des G 20-Gipfels verkündeten, ist kein Zufall. Zu dem Treffen in Hamburg kommt auch US-Präsident Donald Trump, der mit seiner "America First"-Politik auf eine wirtschaftliche Abschottung der Vereinigten Staaten setzt. Trump droht ausländischen Unternehmen mit Strafzöllen und kündigte das transpazifische Freihandelsabkommen TPP auf. Die Zukunft des Freihandelsabkommens zwischen EU und USA (TTIP) ist offen. Die EU-Kommission erhofft sich von Jefta ein Signal gegen Protektionismus. Das Abkommen ermögliche den Europäern außerdem, das weltweite Regelwerk für den Handel "im Einklang mit unserer Werten" zu prägen.

Was sagen die Kritiker

zum Abkommen?

Wie schon bei den Verhandlungen über TTIP oder das EU-Handelsabkommen mit Kanada (Ceta) beklagen Umweltverbände, Verbraucherschützer und Gewerkschaften die mangelnde Transparenz der Gespräche. Kürzlich veröffentlichte Greenpeace geheime Verhandlungsdokumente zu Jefta. Die Umweltschutzorganisation monierte, dass nachhaltige Entwicklung und Arbeitnehmerrechte den Dokumenten zufolge nur unzureichend in dem geplanten Abkommen verankert seien. Für Unmut sorgen auch die anvisierten Vereinbarungen zum Investorenschutz. Kritiker befürchten, dass Unternehmen über demokratisch nicht legitimierte Schiedsgerichte Staaten und Regierungen verklagen und so etwa unliebsame Gesetze verhindern könnten. Die EU-Kommission betont, sich vom System der Investor-Staat-Streitschlichtung verabschiedet zu haben. Stattdessen soll es wie schon beim Ceta-Abkommen ein neuartiges internationales Handelsgericht (ICS) geben, das einer öffentlichen Kontrolle unterliegt. Brüssel ist der Ansicht, dass die Bürger dadurch auf faire und objektive Urteile bei Investitionsstreitigkeiten vertrauen können.

Wer muss das Abkommen ratifizieren?

Bis Ende des Jahres soll nach Angaben der Kommission eine endgültige Fassung des Abkommens stehen. Damit wären die im März 2013 begonnenen Verhandlungen abgeschlossen. Im Anschluss müssten neben dem Europäischen Parlament auch die nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten den Vertrag ratifizieren. In Brüssel gibt es die Befürchtung, dass sich dieser Prozess ähnlich wie beim Handelsabkommen Ceta mit Kanada in die Länge ziehen könnte. Hier verzögerte sich eine Unterzeichnung im Oktober vergangenen Jahres wegen Widerstands der belgischen Region Wallonie.