Berlin
Strom wird teurer

EEG-Umlage steigt um acht Prozent Handwerk sieht Schmerzgrenze erreicht

14.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:11 Uhr

Berlin (DK) Schlechte Nachrichten für Deutschlands Stromkunden: Im kommenden Jahr steigt die sogenannte EEG-Umlage zur Ökostromförderung erneut an - von 6,35 auf 6,88 Cent, ein Anstieg um acht Prozent. Verbraucherschützer, Handwerk und Industrie reagieren alarmiert.

"Das jetzige Fördersystem läuft aus dem Ruder", warnte Ulrich Grillo, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI). Die Umlage wachse fast viereinhalb Mal so stark wie die Wirtschaft. Die "Schmerzgrenze" sei erreicht, erklärte Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handá †werks (ZDH). Die Bundesregierung habe im Jahr 2011 zugesagt, dass die Umlage nicht über 3,5 Cent steigen werde.

Versprechen gebrochen? Buná †deswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte zuletzt noch auf weitgehend stabile Stromá †preise gesetzt und will mit der jüngsten EEG-Reform, die Anfang 2017 in Kraft treten soll, den Preisanstieg bremsen. Längst wird über einen Energiewendefonds debattiert: Über Kredite könnte die EEG-Umlage für einige Jahre eingefroren werden, so das Ziel.

Vor zehn Jahren hatte die Erhöhung noch bei 88 Cent gelegen. In diesem Jahr fließen über die Umlage fast 23 Milliarden Euro in den EEG-Topf. Im kommenden Jahr kommt wegen der Erhöhung eine Milliarde Euro hinzu. Ein Dreipersonenhaushalt mit einem mittleren Jahresverbrauch von 3800 Kilowattstunden etwa zahlt in diesem Jahr rund 241,30 Euro Umlage. 2017 werden es gut 20 Euro mehr sein. Experten sind der Auffassung, dass die Erhöhung der Umlage eigentlich nicht zu einem Anstieg der Strompreise führen müsste. Schließlich sind wegen des Überangebots an günstigem Kohlestrom die Einkaufspreise gesunken. Die Frage ist aber, ob die Versorger diesen Vorteil an die Kunden weitergeben oder nicht.

In bestimmten Gebieten wird der Strom für Privatkunden allerdings auf jeden Fall teurer. "Gerade in Nord- und Ostdeutschland werden die Stromá †preise für die privaten Haushalte steigen, weil sich die Entgelte für die Stromnetze stark verteuern", sagte Bärbel Höhn (Grüne), Vorsitzende des Umweltausschusses im Bundestag, gestern im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion.

Für die kommenden Jahre wird mit einem deutlichen Anstieg der Umlage gerechnet. 2021 dürften auf diesem Wege gut 29 Milliarden Euro umverteilt werden. Mit dem Geld werden die bisher auf 20 Jahre garantierten Vergütungen für Windräder, Solar- und Biogasanlagen finanziert. Ab 2017 sollen 80 Prozent der zusätzlich erforderlichen Ökostrommenge ausgeschrieben werden. Wer den günstigsten Preis anbietet, kommt zum Zuge.

Der Ökostromausbau wird deutlich zurückgefahren: Nicht nur Minister Gabriel hofft, dass der Anstieg der Umlage so zumindest gebremst wird. Aus Bayern und Nordrhein-Westfalen kommt nun ein Vorschlag, mit dem die EEG-Umlage auf höchstens 6,5 Cent gedeckelt werden soll. Die Wirtschaftsminister beider Länder, Ilse Aigner (CSU) und Garrelt Duin (SPD), wollen einen Streckungsfonds, finanziert mit Geld vom Kapitalmarkt.

Energiewende auf Pump? Die EEG-Umlage könnte nach dem Vorschlag der beiden Minister eingefroren werden. Die Finanzierungslücke bei der Ökostromförderung würde vorübergehend mit Krediten geschlossen. Ab 2029 wären die Einnahmen aus der EEG-Umlage dann höher als die Ausgaben, und die Schulden des Fonds könnten bis 2038 getilgt werden. Mit einem ähnlichen Vorstoß war Aigner bereits 2014 gescheitert - am Widerstand von CSU-Chef Horst Seehofer. Jetzt ist die Debatte neu eröffnet.