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"Der Schaden ist enorm"

26.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:14 Uhr

Foto: DK

Berlin (DK) Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbands, spricht im Interview über die Folgen der Frostnächte.

Herr Rukwied, Schnee, Frost und Hagel noch Ende April: Wie groß ist der Schaden, den Deutschlands Bauern und Winzer inzwischen zu verkraften haben?

Joachim Rukwied: Der Schaden ist enorm. Das gilt für das Obst genauso wie für den Weinbau. Wir haben die größten Einbußen in Baden-Württemberg. Aber auch Rheinland-Pfalz, Franken, das Rheinland, Hessen, Sachsen und Brandenburg sind betroffen. Wir haben Schäden von 20 Prozent bis hin zum Totalausfall, wie beim Wein im Südwesten. Beim Wein wächst noch ein Beiauge aus. Daraus entsteht die Fruchtroute des nächsten Jahres. Ab und zu wird sicherlich noch die eine oder andere Weintraube ausgebildet. Aber das reicht höchstens noch für 15 bis 20 Prozent des normalen Ertrages. In vielen Regionen gibt es im Weinbau Schäden von 80 bis 90 Prozent.

 

Was bedeutet das für die betroffenen Betriebe?

Rukwied: Zur bundesweiten Schadenssumme können wir bisher noch keine Angaben machen. Dazu sind die Schätzungen noch viel zu ungenau. Für meine Heimatregion Baden-Württemberg rechnen wir mit Schäden in dreistelliger Millionenhöhe. Manche Betriebe wird das an den Rand der Existenz bringen.

 

Was heißt das alles für die Verbraucherpreise?

Rukwied: Das kann man noch nicht genau sagen. Bei Steinobst werden wir aber deutlich geringere Ernten einplanen müssen.

 

Wird der Importanteil bei Obst und Wein steigen?

Rukwied: Da sollten wir erst einmal die Ernte abwarten. Beim Wein ist es so, dass wir derzeit die Jahrgänge 2015 und 2016 vermarkten. Da hatten wir gute Qualitäten und eine ausreichende Menge.

 

Sind die Frostschäden ein Vorbote des Klimawandels?

Rukwied: Die durchschnittliche Vegetationsdauer ist sehr viel länger geworden. Bäume und Pflanzen treiben manchmal bereits im März aus wie in diesem Jahr. Da hatten wir durch die warmen Temperaturen einen Vorsprung der Vegetation von 14 Tagen. Entsprechend höher ist das Frostrisiko, vor allem wenn es nachts bis minus 8 Grad kalt wird, wie zuletzt im Südwesten. Die meisten Obstkulturen sind nicht frostversichert, weil es bisher überhaupt keine Versicherung gibt oder die Prämien sehr hoch sind.

 

Erwarten Sie Hilfen von der Politik ähnlich wie zuletzt für die Milchbauern?

Rukwied: Wir brauchen eine steuerliche Förderung für Risikorücklagen. Betriebe, die jetzt um ihre Existenz fürchten müssen, sollten außerdem Soforthilfen erhalten, mit Krediten und Bürgschaftsprogrammen. Wir sollten mit der Politik auch über einen direkten Schadensausgleich mit Direktzahlungen an die Betriebe sprechen. Österreich ist hier im vergangenen Jahr vorangegangen. Das Beispiel sollte auch bei uns Schule machen. ‹ŒDK

 

Die Fragen stellte

Rasmus Buchsteiner.