Berlin
Air Berlin will wieder fliegen

Dobrindt ruft Piloten zur Vernunft auf Auch Bieter aus China für insolvente Fluggesellschaft

13.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:30 Uhr

Berlin (DK) "Meldet euch aus dem Off wieder zurück", nahm Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann gestern die Piloten der insolventen Fluggesellschaft in die Pflicht. Ein eindringlicher Appell, den vermuteten "Bummelstreik" schnell zu beenden. Könnte doch jeder Tag mit Flugannullierungen zum Totalschaden führen, dem sogenannten "Grounding". Alle Jets müssten dann am Boden bleiben, wertvolle Start- und Landerechte würden verloren gehen. Die Bundesregierung wäre mit ihrem Versuch gescheitert, die Airline mit einem 150-Millionen-Euro Kredit zu retten.

Ein Szenario, das nach dem Willen der zuständigen Bundesminister unbedingt vermieden werden soll. Am Dienstag und gestern waren ungefähr 200 Verbindungen gestrichen worden, was zu Frust und Chaos auf den Flughäfen führte. Den Schaden bezifferte das Unternehmen auf rund fünf Millionen Euro.

Gestern kamen erste Anzeichen für Entwarnung. Air Berlin hofft, heute wieder zum Normalbetrieb zurückkehren zu können. "Potenzielle Investoren werden durch die Performance verschreckt", so Winkelmann. Aus Gewerkschaftskreisen hieß es, Hintergrund der Aktion seien die am Montag gescheiterten Verhandlungen über einen Sozialplan für die rund 8000 Beschäftigten. Inzwischen aber gibt es eine Absichtserklärung, wonach kommende Woche weiter verhandelt werden soll. Für das Gros der Piloten war dies offenbar der Grund, ihre Krankmeldung zurückzuziehen.

Ziel sei es, "möglichst viel von den Werten von Air Berlin tatsächlich noch zu retten und gegebenenfalls zu verkaufen", warnte Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) vor weiteren Störfeuern, "von welchen Seiten auch immer". Und auch Verkehrsminister Alexander Dobrindt meldete sich zu Wort. "Es ist durchaus ein riskantes Manöver, was da von einigen Piloten ganz offensichtlich versucht wird", erklärte der CSU-Politiker. "Ich kann deshalb an alle nur appellieren, Vernunft wieder einkehren zu lassen."

Was wird nun aus Air Berlin? Am morgigen Freitag läuft die Bieterfrist aus. Die Liste der Interessenten wird immer länger, umfasst inzwischen nicht nur Lufthansa, Easyjet und andere Unternehmen, die Teile der insolventen Fluglinie aufkaufen möchten. Es gibt auch Interessenten, die sich eine Übernahme des gesamten Konzerns vorstellen können. So bietet der Nürnberger Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl 500 Millionen Euro für Air Berlin. Hinzu kommt die chinesische Betreibergesellschaft des Flughafens Parchim, die offenbar eine Verlegung der Airline nach Mecklenburg-Vorpommern erwägt. Eine Lösung, die innerhalb der Bundesregierung offenbar nicht favorisiert wird. Kaum war der Interessent bekannt, trat Dobrindt auf die Bremse. Er sagte, europäische Fluggesellschaften müssten auch unter europäischer Eigentümerschaft und Kontrolle bleiben.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) geht weiter davon aus, dass der staatliche 150-Millionen-Euro-Überbrückungskredit für Air Berlin zurückgezahlt wird. "Der Steuerzahler wird darauf nicht sitzen bleiben", erklärte Schäuble gestern im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion. "Um den Betrieb bei Air Berlin weiterhin sicherzustellen, haben wir einen sogenannten Massekredit gewährt, der vorrangig bedient wird." Das Geld wird übrigens nur sukzessive in Tranchen ausgezahlt. "Die Krise bei Air Berlin ist vor allem für die Mitarbeiter eine große Herausforderung", sagte Schäuble. "Die streikartige Häufung von Krankmeldungen ist schon bemerkenswert." Viel Verantwortungsbewusstsein sehe er bei denjenigen, die sich da kollektiv krankgemeldet hätten, nicht: "Es ist immer möglich, dass jemand krank wird und ausfällt, aber in der Häufung kommen mir die Meldungen missbräuchlich vor."