Bausparen - Bausparkasse darf gut verzinste Altverträge nicht kündigen

23.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:55 Uhr

Bausparkassen müssen hohe Zinsen für Altverträge zahlen, wollen aber nicht und kündigten ihren Kunden. Ein Urteil gibt Bausparkunden jetzt Recht auf Rendite:

Die Wüstenrot, viele Landesbausparkassen aber auch die Schwäbisch Hall oder die Badenia - etliche Bausparkassen kündigten ihren Kunden den Bausparvertrag. Rund 200.000 Bausparverträge sollen es bisher sein. Der Grund: Die Verträge wurden den Bausparkassen zu teuer. Teils wurden dafür drei oder fünf Prozent Zinsen gezahlt. Normalerweise soll der Kunde den Bausparvertrag ja auch zum Bauen verwenden und nicht zum Sparen. Nun ist Ihnen sicherlich nicht die sogenannte Niedrigzinsphase entgangen - die nicht nur den Bausparkassen zu schaffen macht. Die ganze Finanzbranche steht Kopf. Ein Blick auf die Konditionen vieler Banken und Sparkassen zeigt die Misere, die sich auch nach der jüngsten EZB-Entscheidung - Geldsparen.de berichtete - nicht verbessert hat. 0,00 Prozent Zinsen im Jahr für manche Sparbücher verdienen den Begriff Zinsen im Grunde nicht mehr. So freuten sich also diejenigen Bausparkunden, die noch einen Altvertrag mit hohen Guthabenzinsen hatten und zahlten darauf fleißig ein - bis ihnen die Bausparkasse die Kündigung schickte. 

Erstmals gibt ein Oberlandesgericht den Bausparkunden Recht
Viele Bausparkunden, die eine Kündigung ihrer Kasse erhielten, wollten sich das nicht gefallen lassen. Es gibt etliche Gerichtsurteile zu diesem Thema. Diese gaben bislang immer den Bausparkassen Recht. Bis jetzt. Das Oberlandesgericht Stuttgart entschied für eine Kundin und gegen die Bausparkasse Wüstenrot. Der Fall: Sie hatte 1978 einen Bausparvertrag bei der Wüstenrot Bausparkasse abgeschlossen. Dieser wurde mit drei Prozent Zinsen verzinst. Hätte die Kundin zum Vergleich ein Bauspar-Darlehen in Anspruch genommen, hätte sie dafür fünf Prozent Sollzinsen bezahlen müssen. Sie entschied sich also lieber für die Verzinsung -  bis Wüstenrot ihr kündigte. Die Richter urteilten so: Da die Bausparkasse ein Ruhen des Vertrages - die Kundin zahlte nicht weiter ein, nahm nur die Verzinsung auf bereits angespartes Guthaben mit - akzeptierte, greife ihr Kündigungsrecht nicht.

Die Bausparkasse Wüstenrot werde allerdings in Revision gehen. Heißt, vor den Bundesgerichtshof in Karlsruhe ziehen. Der Anwalt der Klägerin, Filippo Siciliano, sagte dazu: "Das letzte Wort hat wohl der Bundesgerichtshof".  Wir wollten dennoch von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg wissen, ob sich Kunden, deren Bausparverträge gekündigt wurden, jetzt schon auf Rückabwicklung ihrer Verträge freuen können: 

Julia Woywod-Dorn aus der Stabsstelle Recht der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg sagt: Das lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Da das OLG Stuttgart die Revision zum BGH zugelassen hat, muss nun die Bausparkasse entscheiden, ob sie diesen Weg geht. Eine Stellungnahme hierzu ist uns derzeit nicht bekannt. Sollte das Urteil zum BGH gehen, könnte noch ein anderes Ergebnis herauskommen. Es bleibt daher abzuwarten, ob Wüstenrot in die Revision geht und dann, ob der BGH das verbraucherfreundliche Urteil des OLG bestätigt.

Wie sollten Kunden, deren Bausparer gekündigt wurden oder die eine Kündigung im Briefkasten haben, reagieren?
Julia Woywod-Dorn: Verbraucher sollten prüfen, ob der Kündigungsgrund berechtigt ist. Da die Bausparkassen unterschiedliche Gründe für die Kündigung nennen, muss man die Fälle einzeln betrachten. Diese Überprüfung bieten die Verbraucherzentralen oder entsprechend versierte Rechtsanwälte an. Stellt sich heraus, dass der Kündigungsgrund nicht berechtigt ist, sollten Verbraucher der Kündigung schriftlich widersprechen und die Bausparkasse auffordern, den Vertrag fortzuführen. Ausführliche Informationen und einen Musterbrief für den Widerspruch finden Verbraucher auf unserer Internetseite.

Welche Voraussetzungen muss ein Bausparvertrag erfüllen, damit die Bausparkasse nicht kündigen kann?
Julia Woywod-Dorn: Zunächst einmal gibt es vom Gesetz her Kündigungsmöglichkeiten, die man im Vertrag nicht ausschließen kann. Allerdings sollten Verbraucher ein Bausparangebot vor Unterzeichnung genau anschauen, auch die Allgemeinen Bausparbedingungen und Pflichten. So ist es beispielsweise zulässig, dass die Bausparkasse einen Vertrag kündigt, wenn die Kunden trotz Verpflichtung die Ratenzahlungen einstellen und der Aufforderung der Bausparkasse, die Zahlungen wieder aufzunehmen, nicht nachkommen. Im Vertrag, um den es beim OLG Stuttgart ging, war die Möglichkeit des Weitersparens auch nach Zuteilungsreife ausdrücklich vereinbart. Damit ist aus unserer Sicht eine Kündigung zehn Jahre nach Zuteilungsreife nicht möglich, und so haben auch die Richter entschieden.

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