BGH-Urteil - Schock für Bauspar-Kunden

26.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:35 Uhr

Der Bundesgerichtshofs (BGH) hat entschieden: Bausparkassen dürfen kündigen, wenn Kunden zehn Jahre oder länger ihren Kredit nicht abrufen.

Das Prinzip ist immer gleich: Kunden haben in den 70er, 80er oder 90er Jahren einen Bausparvertrag abgeschlossen. Aus heutiger Sicht mit Traumrenditen. Nicht selten beträgt der Guthabenzins drei und mehr Prozent. Das stellt in der heutigen Zinslandschaft jedoch viele Bausparkassen vor Probleme. "Die Kündigung hochverzinslicher Altverträge ist leider unverzichtbar", sagt Alexander Nothaft, Pressesprecher des Verbands der privaten Bausparkassen. Bei dieser Kündigungswelle handle es sich um Verträge, die im Schnitt 22 Jahre alt sind.

Diese Kunden hätten lange von aus heutiger Sicht hohen Guthabenzinsen profitiert. Für einen "ewigen Guthabenzins" seien diese Verträge aber nie gedacht, so die Auffassung des Verbands. Auf diese Weise wurden etwa 250.000 Alt-Verträge gekündigt. Verbraucherschützer sehen das jedoch anders. Zwei Wüstenrot-Kunden zogen vor den Bundesgerichtshof. Die Richter entschieden zum Vorteil der Bausparkasse. Die Branche erwartet nun eine Signalwirkung aus Karlsruhe.

Worum ging es?
Bei der Auseinandersetzung vor dem Bundesgerichtshof klagten zwei Bausparkunden von Wüstenrot (Az.: XI ZR 272/16). Fall 1: Eine Kundin hat 1999 zwei Verträge abgeschlossen. Guthabenzins: 2,5 Prozent. Die Bausparsummen wurden noch nicht erreicht. Fall 2: Hier handelt es sich um einen Vertrag aus dem Jahr 1978. Der Guthabenzins beträgt drei Prozent und auch hier erfolgte eine Kündigung vor Erreichen der Bausparsumme.

Die Argumente von Wüstenrot
Wüstenrot beruft sich bei beiden Kündigungen darauf, dass die Kundinnen den Bausparvertrag lediglich als attraktive Geldanlage in der Mini-Zins-Phase nutzen würden. Der Bausparer sei damit zweckentfremdet. Wichtig: Wenn Bausparkassen während der Ansparphase Geld vom Kunden bekommen, sind sie selbst Darlehensnehmer. Nach Paragraf 489 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) kann ein Darlehensvertrag - in diesem Fall der Bausparvertrag - zehn Jahre nach Empfang des Darlehens gekündigt werden.

Sind Kündigungen von Alt-Verträgen alternativlos?
Aus Sicht von Verbraucherschützern müssen solche Kündigungen nicht sein. "Wir halten die Kündigungswelle nicht für rechtens", entgegnet Markus Feck von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Feck verweist gegenüber biallo.de auf die Auffassung des Oberlandesgerichts Stuttgart. "Solange der Zweck des Bausparens noch erfüllt ist, ist eine Kündigung nicht zulässig. Der Bausparzweck ist erst dann nicht mehr erfüllt, wenn die Bausparsumme erreicht ist", erklärt Feck.

Bausparkassen argumentieren häufig mit dem Vorrang des kollektiven Verbraucherschutzes vor Einzelinteressen. Heißt: Einzelne Kunden mit hohen Zinsen würden das Bausparen an sich gefährden.

Das aktuelle BGH-Urteil

Bausparer haben keine Chance, sich gegen die Kündigung eines alten Bausparvertrags mit hohen Zinsen zu wehren. Einen solchen Vertrag über mehr als zehn Jahre als reine Sparanlage laufen zu lassen, widerspreche dem Sinn und Zweck des Bausparens, entschied der BGH in Karlsruhe (AZ: XI ZR 185/16 und XI ZR 272/16). Es ist damit ein Grundsatzurteil. Bausparkassen dürfen also Verträge kündigen, die seit mindestens zehn Jahren zuteilungsreif sind. Gleiches gilt, wenn die Bausparsumme erreicht ist. In den meisten Fällen haben sich Richter auf die Seite der Bausparkassen gestellt.

"In Berufungsverfahren sind mittlerweile 101 Entscheidungen zugunsten der Bausparkassen ausgegangen. Dem stehen vier Entscheidungen entgegen, die dieses anders bewertet haben", sagt Nothaft. Verbraucherschützer Feck entgegnet: "Es mag zwar mehr Entscheidungen geben, die zugunsten der Bausparkassen ausgefallen sind, schlüssiger begründet scheinen mir jedoch die anderen Urteile zu sein."

Ein Funke Hoffnung bleibt
Verbraucherschützer sehen einen Lichtblick: "Der BGH bezieht sich in seiner Pressemitteilung zum aktuellen Urteil auf den Vertragszweck, nämlich die Erbringung von Ansparleistungen, um einen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens zu erlangen", sagt Sylvia Schönke von der Verbraucherzentrale Brandenburg. "Offen bleibt also, ob Gerichte in anders gelagerten Fällen anders entscheiden würden. Wenn Verbrauchern Bausparverträge nämlich explizit als Geldanlage verkauft worden sind und diese das belegen können, zum Beispiel durch Werbeprospekte, könnte der Vertragszweck unserer Ansicht nach die Geldanlage sein. Ergo wäre das Urteil nicht anzuwenden", so Schönke.

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