Washington
Bengasi-Anschlag lässt Clinton nicht los

US-Präsidentschaftsbewerberin sagt vor Untersuchungsausschuss aus – und übernimmt Verantwortung

22.10.2015 | Stand 02.12.2020, 20:39 Uhr

Washington (AFP) Die Favoritin für die Präsidentschaftskandidatur der US-Demokraten, Hillary Clinton (Foto), hat vor einem Untersuchungsausschuss die politische Verantwortung für den Anschlag auf das US-Konsulat im libyschen Bengasi vor drei Jahren übernommen.

„Ich übernehme Verantwortung für das, was in Bengasi passiert ist“, sagte die frühere Außenministerin gestern im Repräsentantenhaus in Washington. Allerdings sei sie nicht persönlich in die Sicherheitsvorkehrungen für das Konsulat eingebunden gewesen.

Der Untersuchungsausschuss prüft, ob die Regierung von Präsident Barack Obama vor dem Anschlag am 11. September 2012 die Gefahr durch Islamisten ignoriert und den terroristischen Hintergrund der Attacke zunächst verschleiert habe. Clinton war damals Außenministerin. Der republikanische Ausschussvorsitzende Trey Gowdy erklärte zu Beginn der Anhörung, dass die Todesumstände des US-Botschafters Chris Stevens und drei weiterer US-Bürger ans Licht kommen müssten. „Wir schulden ihnen und uns die Wahrheit“, sagte Gowdy.

Clinton machte deutlich, dass die Vereinigten Staaten die Gefahr von Terroranschlägen nie vollständig ausschalten könnten. „Chris Stevens war klar, dass Diplomaten an vielen Orten arbeiten, wo wir keine Soldaten haben“, sagte sie. Der getötete Botschafter habe gewusst, dass „wir niemals jeden Terrorakt verhindern oder perfekte Sicherheitsbedingungen schaffen können“.

Clinton hatte bereits im Januar 2013 zu den Bengasi-Anschlägen im Kongress ausgesagt und auch damals die Verantwortung übernommen. Der Geheimdienstausschuss des Senats kam in seinem im Januar 2014 vorgelegten Untersuchungsbericht zu dem Schluss, dass die Attacke hätte verhindert werden können. Das Außenministerium habe damals „bekannte Sicherheitslücken“ und die wachsende Bedrohung durch Islamisten in Libyen vernachlässigt. Doch eine direkte Verantwortung Clintons belegte der Bericht nicht.

Die Demokraten kritisieren, dass die lange Untersuchung des Repräsentantenhauses parteipolitisch motiviert sei und Clinton im Präsidentschaftswahlkampf schaden solle. Sie beklagen, dass die Nachforschungen der Republikaner zu Bengasi bereits länger als die Ermittlungen des Kongresses zum Watergate-Skandal dauerten, der in den 70er Jahren zum Rücktritt von Präsident Richard Nixon geführt hatte.

Clinton rief die Abgeordneten gestern auf, die Ereignisse von Bengasi ohne „Parteilichkeit“ zu beleuchten. Gowdy wies die Kritik zurück. „Mir ist bewusst, dass es Leute in beiden Parteien gibt, die nahegelegt haben, diese Untersuchung drehe sich um Sie“, sagte er zu der früheren Außenministerin. „Lassen Sie mich versichern, das tut sie nicht.“

Im Frühjahr hatte die Affäre um Clintons E-Mail-Nutzung während ihrer Zeit als Außenministerin den republikanischen Nachforschungen zu Bengasi neuen Auftrieb gegeben. Clinton musste einräumen, als Chefdiplomatin nur eine private E-Mail-Adresse genutzt zu haben – nach ihren Angaben aus „Bequemlichkeit“. Die auf einem Server in ihrem Anwesen im Bundesstaat New York gespeicherten Daten ließ sie teilweise löschen. Die Republikaner sehen dies als Indiz dafür, dass Clinton unliebsame Details ihrer Amtsführung verheimlichen wollte.

Die frühere Außenministerin gilt als aussichtsreichste Bewerberin für die Kandidatur der Demokraten bei der Präsidentschaftswahl 2016. In Umfragen liegt sie deutlich vor ihrem ärgsten Rivalen, dem linksgerichteten Senator Bernie Sanders. Foto: Lo Scalzo/dpa