London
Mays Minderheitsregierung steht

Britische Premierministerin geht Bündnis mit umstrittener nordirischer Partei DUP ein

26.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:52 Uhr

London (DK) Der Deal ist perfekt. Die britische Premierministerin Theresa May hat nun genug Unterstützung im Unterhaus für ihre Minderheitsregierung, nachdem gestern ein Abkommen mit der nordirischen "Democratic Unionist Party" (DUP) unterzeichnet werden konnte.

Im Gegenzug für die Duldung der Minderheitsregierung bekommt die DUP vor allem Geld: eine Milliarde Pfund (1,14 Milliarden Euro) an neuen Finanzhilfen für Nordirland über die nächsten zwei Jahre.

Premierministerin May begrüßte die Vereinbarung, die "uns in die Lage versetzt, im Interesse des gesamten Vereinigten Königreichs zu handeln, und die uns die Sicherheit verschafft, die wir brauchen, während wir unseren Abschied aus der Europäischen Union vorbereiten." Die DUP-Chefin Arlene Foster sagte: "Wir sind entzückt, diese Vereinbarung erreicht zu haben, die offensichtlich für nationale Stabilität sorgt." Der Vorsitzende der walisischen Regionalpartei Plaid Cymru Carwyn Jones dagegen kritisierte den Deal scharf. Er repräsentiere "Schmiergeld, um eine schwache Premierministerin im Amt zu halten". May hatte in den vorgezogenen Neuwahlen ihre absolute Mehrheit verloren. Mit der Unterstützung der DUP hat sie nun eine Arbeitsmehrheit von 13 Stimmen.

Es ist keine formale Koalition, die die Konservative Partei mit der DUP eingeht. Es wird auch keiner der zehn DUP-Abgeordneten einen Regierungsjob übernehmen. Bei der Vereinbarung handelt es sich um ein sogenanntes "Supply and Confidence"-Arrangement, nach dem die DUP die Regierung bei Misstrauensabstimmungen und beim Votum über den Haushalt unterstützt. Bei anderen Unterhaus-Abstimmungen über Sachthemen wird die DUP von Fall zu Fall entscheiden, ob sie den Konservativen beistehen will.

Die Verhandlungen hatten sich länger als zwei Wochen hingezogen. Die Gespräche, so wurde in Westminster mit Bezug auf den unter DUP-Mitgliedern verbreiteten Kreationismus gewitzelt, hätten länger gedauert, "als viele von ihnen glauben, dass Gott gebraucht hätte, um die Welt zu erschaffen". Die Allianz der Konservativen mit der DUP ist im Unterhaus umstritten. Selbst vielen konservativen Abgeordneten ist ein Zusammengehen mit der erzreaktionären Partei suspekt. Die größte protestantische Partei Nordirlands hatte lange Zeit enge Verbindungen mit paramilitärischen loyalistischen Organisationen. Die DUP ist entschieden gegen Abtreibung und die gleichgeschlechtliche Ehe, zeigt sich skeptisch beim Klimaschutz, und ihre Abgeordneten haben sich auch schon mal für eine Wiedereinführung der Todesstrafe ausgesprochen. In London war es vor dem Parlament zu Demonstrationen gegen die DUP gekommen, die auf Plakaten als "rassistisch, sexistisch und homophob" bezeichnet wurde.

Auch wenn Theresa May abstreitet, dass es seitens der DUP eine inhaltliche Einflussnahme auf die Regierungspolitik geben könne, so macht der Deal doch zumindest in einer Hinsicht Sorgen, was die Nordirlandpolitik angeht. Nach Maßgabe des nach internationalem Recht bindenden Karfreitagsabkommens hat sich die britische Regierung in Fragen des Friedensprozesses und der nordirischen Selbstverwaltung zu "rigoroser Unparteilichkeit" verpflichtet. Wie das gewährleistet werden kann, wenn das politische Überleben von May in der Hand von zehn DUP-Abgeordneten liegt, ist eine Frage, die immer drängender gestellt wird.