"Der Parteitag wird uns stärken"

SPD-Vize Ralf Stegner lobt die Debatte über Koalitionsgespräche mit der Union

21.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:55 Uhr

Mit knapper Mehrheit hat Martin Schulz es geschafft, die Delegierten der SPD für eine Aufnahme der Koalitionsverhandlungen mit der Union zu begeistern. Im Interview mit dem DK spricht SPD-Vize Ralf Stegner über den Parteitag, die bevorstehenden Verhandlungen und die Zukunft von Martin Schulz..

Herr Stegner, knappe Mehrheit für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen. Wie groß ist die Erleichterung, dass es am Ende doch gereicht hat?

Ralf Stegner: Natürlich sind wir erleichtert. Es war ein äußerst spannender Parteitag mit einer lebendigen Debatte, der gezeigt hat, dass die SPD innerparteiliche Demokratie stärker ausbuchstabiert als andere Parteien das tun. Es ist eine Mehrheit, bei der es aber auch viele Skeptiker gibt, die man einbinden muss. Wir werden als Partei eng beieinanderbleiben - Befürworter wie Kritiker einer großen Koalition. Viele fordern zurecht die versprochene Erneuerung der SPD ein. Da werden wir jetzt nicht nachlassen, das darf nicht von der Agenda verschwinden. Die Parteireform muss stattfinden, egal, ob wir am Ende regieren oder nicht. Die 20,5 Prozent bei der Bundestagswahl waren ein Warnschuss für uns. Das war ein Parteitag, den man so schnell nicht vergisst.

 

Was hat letztendlich den Ausschlag für die Zustimmung gegeben?

Stegner: Am Ende hat den Ausschlag gegeben, dass es sich lohnt, weiter zu verhandeln. Wir werden jetzt mit aller Entschiedenheit die Koalitionsverhandlungen mit der Union führen, damit am Ende auch die SPD-Mitglieder zustimmen können.

 

Zeigt das Votum nicht, dass die Partei tief gespalten ist, schließlich hat fast die Hälfte der Delegierten gegen eine große Koalition gestimmt?

Stegner: Das finde ich überhaupt nicht. Wir haben kontrovers und leidenschaftlich mit viel Respekt voreinander debattiert. Bei uns herrscht nicht diese Kasernenhoftradition der Union, sondern lebendige Demokratie. Es geht um die Zukunft des Landes, Europas und der deutschen Sozialdemokratie. Das ist keine einfache Entscheidung. Dieser Parteitag wird uns stärken. Die Union weiß jetzt genau, dass es am Ende nur einen Koalitionsvertrag geben wird, wenn wir konkrete Fortschritte erreichen.

 

SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles kündigt an, man werde verhandeln, "bis es quietscht". An welchen Stellen wird es besonders hart?

Stegner: Die Union muss wissen, dass sie sich bewegen muss. Wir wollen konkrete Verbesserungen gegen die elende Praxis der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverhältnissen. Wir müssen ran an die Zweiklassenmedizin. Beim Familiennachzug für Flüchtlinge brauchen wir eine deutlich humanere Härtefallregelung. Dass Kinder aus Kriegsgebieten nicht zu ihren Eltern kommen dürfen sollen, ist unchristlich. CDU und CSU müssen sich bewegen. Am Ende stimmen unsere Mitglieder nur zu, wenn das Gesamtpaket stimmt.

 

Was, wenn am Ende die Basis beim Mitgliederentscheid Nein sagt und dem Koalitionsvertrag nicht zustimmt? Besser eine Minderheitsregierung oder doch Neuwahlen?

Stegner: Die SPD-Mitglieder werden am Ende zustimmen, wenn wir ein gutes Ergebnis vorlegen. Daran arbeiten wir jetzt mit aller Kraft.

 

Sollte Parteichef Martin Schulz als Minister ins Kabinett gehen?

Stegner: Wir reden jetzt über die Sachfragen und nicht übers Personal. Wir werden hart mit der Union verhandeln. Personalfragen stünden erst an, wenn die Basis einem Koalitionsvertrag zugestimmt hat, keine Sekunde früher. ‹ŒDK

 

Die Fragen stellte Andreas Herholz.