Berlin
"Vertrauensvolles Gespräch"

Union setzt nach Spitzentreffen mit SPD auf rasche Groko-Sondierungen

13.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:04 Uhr

Berlin (DK/dpa) Nach dem Scheitern von Jamaika hat sich die Union bei einem ersten Spitzentreffen mit der SPD für rasche Sondierungen über eine erneute große Koalition ausgesprochen.

"Die Vertreter von CDU und CSU haben deutlich gemacht, dass sie gemeinsam mit der SPD Sondierungen zur Bildung einer stabilen Regierung aufnehmen wollen", teilten Union und SPD gestern Abend nach dem zweieinhalbstündigen Gespräch in Berlin mit. Die SPD will darüber am morgigen Freitag in ihren Gremien entscheiden.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU), der SPD-Vorsitzende Martin Schulz und CSU-Chef Horst Seehofer sowie die Spitzen beider Fraktionen hatten sich zuvor zu einem ersten Gedankenaustausch getroffen. Schulz und die SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles hielten sich danach noch zu eine Nachbesprechung ab. Zuvor hatte es Kritik aus der Union gegeben, die Sozialdemokraten sollten nicht mit immer neuen Vorschlägen die Bildung einer stabilen Koalition erschweren.

In der Erklärung war von einem "offenen und vertrauensvollen Gespräch" die Rede, konkrete Ergebnisse wurden zunächst nicht bekannt. Streitpunkte sind unter anderem das von der SPD geforderte Ende einer "Zwei-Klassen-Medzin" und die Frage, ob ab dem Frühjahr wieder ein Familiennachzug bei Flüchtlingen zum Beispiel aus Syrien möglich sein soll, was die CSU ablehnt. Hinzu kommt die von der SPD geforderte höhere Steuer für Reiche. Weitgehend einig ist man sich bei mehr Investitionen in Pflege, Wohnungsbau sowie einer Stärkung von Polizei und Justiz angesichts der neuen Herausforderungen.

Schulz hatte nach der Bundestagswahl und dem Jamaika-Aus zwei Mal den Gang in eine große Koalition ausgeschlossen. Er begründete das mit den herben Verlusten der SPD bei der Bundestagswahl, als die Partei nur noch auf 20,5 Prozent kam. SPD-intern wurde der Profilverlust in der großen Koalition dafür mitverantwortlich gemacht. Es gibt massive Widerstände in der Partei.

Über die Aufnahme von konkreten Koalitionsverhandlungen müsste Mitte Januar ein SPD-Sonderparteitag entscheiden. Morgen entscheidet der Vorstand, ob man sondieren will. Dies soll in jedem Fall ergebnisoffen geschehen und auch die Möglichkeit einer Minderheitsregierung Merkel einschließen, in der die Union alle Minister stellt, sich aber für alle Projekt Mehrheiten im Bundestag suchen muss. Merkel lehnt das als zu instabil ab.

Das von der SPD-Linken ins Spiel gebrachte Modell einer sogenannten Kooperationskoalition ("Koko"), die in weiten Themenbereichen mit wechselnden Mehrheiten regiert, stößt in der Union auf strikte Ablehnung. CSU-Chef Horst Seehofer hatte SPD-Überlegungen zu einer Koalition, in der nur einige Dinge fest verabredet werden, aber zur eigenen Profilschärfung auch Projekte mit anderen Parteien durchgesetzt werden können, als Vorschlag "aus der Krabbelgruppe" bezeichnet. SPD-Vize Natascha Kohnen sagte dazu: "Der politische Umgang von Horst Seehofer lässt schon zu wünschen übrig." Kohnen sagte, beide Seiten sollten sachlich in die Gespräche gehen "und nicht schon beginnen, das Gegenüber zu beschimpfen".

Ob sich Union und SPD auf eine Koalition einigen, ist weiter ungewiss. Bei den Sozialdemokraten gibt es starke Vorbehalte gegen eine Neuauflage der großen Koalition. Schließlich fürchten viele Genossen, einen weiteren Absturz und die "Verzwergung" der Partei in einer Regierung Merkel. Auch gibt es große inhaltliche Differenzen von der Bürgerversicherung über die Flüchtlingspolitik bis zu Europa. Scheitern alle Bemühungen um eine Regierungsbildung, bliebe eine vorgezogene Neuwahl als Ausweg.