Hamburg
Krawalle bringen Hamburgs Rathauschef Scholz unter Druck

Für viele Bürger in der Hansestadt war die Sicherheitsgarantie des SPD-Politikers ein leeres Versprechen

09.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:49 Uhr

Hamburg/Berlin (DK) "Das schockiert mich, das macht mich fassungslos", sagt Frank-Walter Steinmeier am Morgen danach. Der Bundespräsident ist nach Hamburg gekommen, um Polizei und Helfern für ihren Einsatz zu danken, sich selbst ein Bild über die Folgen der Chaostage während des G 20-Gipfels zu machen. "Ein solches Ausmaß an Gewalt haben wir in den letzten Jahren bei Demonstrationen in Deutschland nicht erlebt", zeigt sich auch das Staatsoberhaupt erschüttert von der Wucht der Ausschreitungen der Chaoten, die ohne Rücksicht auf Leib und Leben der Polizeikräfte und Anwohner und mit "maßloser Zerstörungswut" vorgegangen seien.

An der Seite Steinmeiers ist an diesem Morgen Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz, der nach dem schwarzen Wochenende massiv unter Druck steht. Der SPD-Politiker weist Kritik an der Polizei zurück, zieht Bilanz und stellt sich vor die Einsatzkräfte. "Die haben alles richtig gemacht und einen heldenhaften Einsatz zustande gebracht", lobt er. Die Polizei habe "Herausragendes" geleistet. Scholz wirkt angeschlagen. "Viel sind sehr erschrocken, ich bin es auch", erklärt er.

"Scholz, der Tor zur Welt", titelt die Boulevardpresse und wirft ihm und seinem Team Versagen vor. Schließlich hatte Scholz vor dem G 20-Gipfel eine Sicherheitsgarantie abgegeben. "Seien Sie unbesorgt, wir können die Sicherheit garantieren", hatte er vor dem Treffen der Mächtigen noch erklärt und darauf verwiesen, dass man Erfahrung mit Großveranstaltungen wie etwa dem jährlich stattfindenden Hafengeburtstag habe.

War es richtig, den G 20-Gipfel mitten in der Metropole Hamburg, noch dazu nahe dem linksautonomen Schanzenviertel auszurichten? Darüber gehen die Meinungen auseinander. Schon ist von Staatsversagen die Rede. Doch Kanzlerin Angela Merkel verteidigt ihre Entscheidung, die sie gemeinsam mit SPD-Mann Scholz getroffen hatte, das Treffen hier in der Hansestadt abzuhalten. Sie dankt der Polizei "ausdrücklich auch im Namen der anderen Gipfelteilnehmer" für ihren Einsatz, verurteilt die "entfesselte Gewalt auf das Schärfste" und beklagt: "Wer so handelt, dem geht es nicht um politische Kritik oder um ein besseres Leben auf der Erde."

"Die Täter unterscheiden sich überhaupt nicht von Neonazis und deren Brandanschlägen", meint Außenminister Sigmar Gabriel (SPD). Deutschlands Bild in der Welt werde so schwer in Mitleidenschaft gezogen, beklagt er und forderte die Einrichtung einer europaweiten Fahndungstruppe im Kampf gegen solche Straftäter. Viele Gewalttäter des sogenannten Schwarzen Blocks waren aus dem Ausland angereist.

Bei den Tätern handele es sich nicht um bloße Chaoten, sondern vielmehr "um schwerstkriminelle Gewalttäter und Brandstifter", die sich vor Gericht verantworten müssten, sagt Bundesjustizminister Heiko Maas. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz spricht von "Mordbrennern", mit denen man es zu tun habe. Wird jetzt härter gegen Chaoten und linksextreme Gewalttäter durchgegriffen? "Nach allen Erfahrungen der Vergangenheit muss ich leider sagen: Ich rechne eher mit rhetorischen als mit praktischen Konsequenzen", zeigt sich CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach skeptisch.

Der innenpolitische Sprecher der Unionsbundestagsfraktion, Stephan Mayer (CSU), hofft auf das Gegenteil. Er sagte gegenüber unserer Berliner Redaktion: "Die neue Dimension enthemmter und entfesselter Aggression und Zerstörungswut aufseiten linksextremistischer und autonomer Chaoten muss Anlass dazu geben, sich intensiver mit dem gewaltbereiten Linksextremismus auseinanderzusetzen."