Hamburg
Brandanschläge geben Rätsel auf

Neue Attacke auf türkische Einrichtung Staatsschutz prüft Bezug zu Erdogans Afrin-Offensive

12.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:42 Uhr

Hamburg (AFP) Die Serie von Brandanschlägen auf türkische Einrichtungen in Deutschland setzt sich fort. Im nordrhein-westfälischen Ahlen warfen Unbekannte in der Nacht zu Montag Brandsätze gegen ein türkisches Kulturzentrum und in ein davor abgestelltes Auto, wie die Polizei in Münster mitteilte.

Schon in den Tagen davor hatte es in mehreren Städten ähnliche Attacken auf Moscheen und andere Gebäude gegeben. Ruß beschädigte nach Angaben der Beamten die Fassade des Zentrums in Ahlen, das Fahrzeug fing kein Feuer. Zeugen beobachteten demnach die vermummten Täter und löschten die Flammen. Der Staatsschutz übernahm die Ermittlungen. Ein politisch motivierter Hintergrund sei nicht auszuschließen.

Bereits zuvor hatte es Brandanschläge auf drei Moscheen in Berlin, im baden-württembergischen Lauffen und in Itzehoe in Schleswig-Holstein gegeben. Dort wurde parallel auch ein türkischer Gemüseladen mit einem Brandsatz attackiert. Ein weiterer Angriff galt außerdem einem türkisch-deutschen Freundschaftsverein im nordrhein-westfälischen Meschede.

Bei den Anschlägen in Lauffen und Itzehoe gehen die Ermittler nach eigenen Angaben inzwischen von kurdischen Tätern aus. Ein als authentisch angesehenes Video samt Text auf einer der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) nahestehenden Internetseite deuteten im Fall Lauffen auf eine "extremistische kurdische Jugendorganisation" hin, berichteten die Beamten in Heilbronn sowie in Stuttgart.

Auch in Itzehoe vermutete die Polizei einen Zusammenhang mit dem aktuellen türkisch-kurdischen Konflikt in Nordsyrien. Es werde in alle Richtungen ermittelt, erklärten Ermittler. "Für einen fremdenfeindlichen Hintergrund gibt es im Moment allerdings wenig Ansätze."

Stattdessen fokussierten sich die Ermittlungen auf die jüngsten Geschehnisse bundesweit. Schon am Wochenende hatten die Beamten mitgeteilt, dass sie einen Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen wegen der türkischen Offensive auf die kurdische Stadt Afrin in Syrien prüften. Wegen der Militäroperation gibt es seit Tagen in Deutschland immer wieder Demonstrationen von Kurden. Teils kommt es dabei auch zu gewalttätigen Protesten.

Die Kurdische Gemeinde in Deutschland verurteilte die Anschläge gestern scharf. Diese gefährdeten das Leben Unschuldiger sowie das friedliche Zusammenleben, erklärte sie in Berlin. Zudem schadeten sie dem Anliegen der Kurden. Ihr Vorsitzender Ali Ertan Toprak rief alle Deutschkurden dazu auf, ausschließlich friedlich zu protestieren. Nach Angaben seiner Gemeinde tauchten zuletzt einige Schreiben in sozialen Netzwerken auf, die junge Kurden zu Gewalt gegen türkische Einrichtungen in Deutschland aufforderten. Toprak betonte aber auch, es sei unklar, wer für diese Aufrufe verantwortlich sei. Neben dem Umfeld der PKK komme auch der türkische Geheimdienst MIT infrage. Dieser versuche, "den kurdischen Interessen zu schaden und die Kurden zu kriminalisieren".

Die Türkische Gemeinde rief die Bundesregierung zu einem besseren Schutz von türkischen Einrichtungen in Deutschland und einer "zügigen Aufklärung" der Brandanschläge auf. Die Häufung sei "nicht überraschend", sagte der Vorsitzende Gökay Sofuoglu gegenüber den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND). Die Türkische Gemeinde werde zunehmend aus dem rechten Lager angefeindet und außerdem für die militärische Eskalation in Afrin verantwortlich gemacht.

Im Fall des Brandanschlags in Meschede ließ die Polizei gestern drei kurz nach der Tat festgenommene Verdächtige wieder frei. Sie hatten eine Beteiligung vehement bestritten. Ihre Angaben würden durch Zeugenaussagen und die Auswertung von Beweisen weitgehend bestätigt, erklärten die Ermittler weiter.