Es knirscht im schwarz-roten Koalitionsgebälk

Von Mindestlohn bis Vorratsdatenspeicherung: Die Zahl der kontroversen Themen zwischen Union und SPD wächst

28.01.2015 | Stand 02.12.2020, 21:43 Uhr

Berlin (DK) Die Arbeitsministerin blockt ab, sieht keinen Handlungsbedarf. „Einen Mindestlohn light wird es mit der SPD nicht geben“, lehnt Andrea Nahles die Forderungen der Unionsfraktion im Bundestag nach Korrekturen strikt ab und erhält Rückendeckung von SPD-Parteichef Sigmar Gabriel. „Es macht jetzt wenig Sinn, gleich hektisch loszulegen und alle möglichen Änderungen zu fordern“, erklärte der Wirtschaftsminister und Vizekanzler gestern.

Der Streit um den Mindestlohn wird für die große Koalition zur Belastungsprobe. Einstimmig hatten die Bundestagsabgeordneten von CDU und CSU am Dienstagabend einen Antrag verabschiedet, der eine Abschwächung der Dokumentationspflichten beim Mindestlohn fordert und im Bundestag zur Abstimmung gebracht werden soll, für den Fall, dass Arbeitsministerin Nahles nicht einlenkt.

Überraschend hatte sich auch Angela Merkel hinter die Forderungen des Mittelstands- und Wirtschaftsflügels ihrer Fraktion gestellt. Ein Machtwort der Kanzlerin und ein Versuch, den Vorstoß zu stoppen, wären schließlich aussichtslos gewesen. Bereits der Fraktionsvorstand hatte am Montag den Antrag einstimmig gebilligt.

Die Union macht Druck, die SPD bremst, der Streit über zu viel Bürokratie und ausufernde Vorschriften droht immer mehr zur Belastung des schwarz-roten Regierungsbündnisses zu werden. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt erwartet schwierige Gespräche mit dem Koalitionspartner SPD. Der Mindestlohn war ein zentrales Wahlversprechen der Sozialdemokraten im Bundestagswahlkampf 2013.

Das Eis, auf dem sich die große Koalition bewegt, wird dünner. Der Mindestlohn ist nicht der einzige Streitpunkt, der in den nächsten Wochen und Monaten die Regierungsarbeit belasten dürfte. Bei der Frauenquote pocht die Union darauf, dass Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig mit ihren Plänen nicht über die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages hinausgeht. Die nächste Auseinandersetzung steht damit bereits ins Haus. Während der Wirtschaftsflügel der Union beim Abbau der kalten Progression aufs Tempo drückt, hat es die SPD, vor allem ihre Ministerpräsidenten, die von den Steuereinnahmen profitieren, nicht besonders eilig.

SPD-Chef Sigmar Gabriel spürt in den eigenen Reihen Gegenwind, wenn er gemeinsam mit der Kanzlerin und der Union für das Freihandelsabkommen TTIP mit den USA wirbt. Die Sicherheitsexperten von CDU und CSU rufen im Kampf gegen den Terror nach der Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung. Bundesjustizminister Heiko Maas lehnt die weiter ab.

Eigentlich jede Menge Stoff für einen Koalitionsausschuss. Doch die Gipfeltreffen im Kanzleramt von CDU, CSU und SPD finden immer seltener statt. Ein neuer Termin ist derzeit nicht in Sicht. Schließlich machen solche Gespräche ohne Einigungen und konkrete Ergebnisse wenig Sinn. Zwei Jahre vor Beginn des Bundestagswahlkampfs hat sich der Ton zwischen den Koalitionspartnern verschärft. Es knirscht im schwarz-roten Gebälk.