Brüssel
Der Brexit-Marathon geht in die zweite Runde

EU-Kommission sieht ausreichende Fortschritte in den Gesprächen Nun muss der Europarat über das weitere Vorgehen bestimmen

08.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:05 Uhr

Kein Weg zurück: Die Brexit-Gespräche sind an einem Wendepunkt. Nun geht es um die künftigen Beziehungen. - Foto: Leal-Olivas/AFP

Brüssel/London (DK) Des nächtens klärten die Diplomaten letzte Details. In den frühen Morgenstunden des Freitags flog die britische Premierministerin Theresa May nach Brüssel. Ein Durchbruch beim Brexit war geschafft. London, Dublin, Brüssel und Belfast hatten sich auf ein 15 Seiten umfassendes Papier über die Regelung der ausstehenden Fragen einigen können. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz feierten EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und May den Erfolg. Er könne nun, sagte Juncker, dem Europäischen Rat vermelden, dass genügend Fortschritte bei den Scheidungsverhandlungen gemacht worden seien, um zur nächsten Phase der heiklen Gespräche überzugehen.

Es dauerte wieder mal länger. Schon am Montag bei Theresa Mays Lunch mit Juncker war der Durchbruch erwartet worden. Doch dann machte ihr die DUP - jene kleine nordirische Partei, die Mays Minderheitsregierung stützt - einen Strich durch die Rechnung, weil sie keine Sonderrolle für Nordirland will. Die irische Grenzfrage gehört aber zu den drei Punkten, die die EU geklärt sehen will, bevor die Verhandlungen in die zweite Phase münden. Dann soll über die künftige Handelsbeziehung geredet wird. Die EU besteht darauf, dass es keine harte Grenze mit physischen Barrieren zwischen Nordirland und der Irischen Republik geben darf. Die DUP forderte, dass es zu keinem Auseinanderdriften zwischen der Provinz und dem Rest des Königreichs kommt.

Theresa May gab dem kleinen Koalitionspartner in dieser Hinsicht nun Garantien: Großbritannien, so versprach sie der DUP, wird die EU unter den gleichen Bedingungen verlassen wie Nordirland. Es werde zwischen den beiden Teilen "keine neuen regulatorischen Barrieren" geben, wie es in dem Papier festgehalten wird.

Die beiden anderen Problemzonen, die die EU in Phase eins unbedingt geklärt haben wollte, sind die Rechte von EU-Bürgern in Großbritannien und die der britischen Bürger auf dem Kontinent sowie die Begleichung der finanziellen Verpflichtungen Londons - also die Scheidungsrechnung. Bei den Bürgerrechten bestand weitgehende Einigung. Stolperstein war hier lediglich die Rolle des Europäischen Gerichtshofs, die Großbritannien zu minimieren versuchte. Zum Schluss einigte man sich darauf, dass der Gerichtshof nur für die nächsten acht Jahre als die entscheidende Instanz fungieren soll.

Und auch beim Streitthema Scheidungsrechnung kam man zu einer Übereinkunft. Nachdem May in ihrer Florenz-Rede im September zu verstehen gegeben hatte, rund 20 Milliarden Euro für den EU-Haushalt zahlen zu wollen, hat ihr Kabinett Ende November grünes Licht gegeben, weiteren finanziellen Forderungen stattzugeben. Im Raum steht jetzt eine Summe von rund 45 Milliarden Euro, die das Königreich zahlen könnte. So würden die Finanzzusagen und Kreditgarantien sowie Ansprüche von EU-Beamten abgegolten.

Beim seinem Gipfeltreffen am 14. und 15. Dezember wird der Europäische Rat entscheiden, ob die Fortschritte tatsächlich ausreichend genug sind. Doch eine Akzeptanz wird allgemein erwartet. Dann können die Verhandlungen in Phase zwei eintreten, wo zunächst über eine Übergangsregelung nach dem Austritt im März 2019 gesprochen werden muss. EU-Ratspräsident Donald Tusk sagte am Freitag, dass Großbritannien in der zweijährigen Transitionsphase auch neue EU-Regularien zu beachten habe. "Wir alle wissen, dass eine Scheidung schwierig ist, eine neue Beziehung aufzubauen ist schwieriger."

Damit spielte Donald Tusk auf die künftigen Handelsbeziehungen zwischen Brüssel und Großbritannien an. Den Briten ist an einer "tiefen und speziellen" Partnerschaft gelegen, die einen möglichst reibungslosen sowie zollfreien Handel erlaubt. Der EU-Ratspräsident dagegen gab zu bedenken, dass die britischen roten Linien, wie das Ende der Freizügigkeit oder auch der EU-Gerichtsbarkeit, den künftigen Zugang zum Binnenmarkt notwendigerweise einschränken.