Berlin
Stühlerücken im Bundeskabinett

Der Kampf zwischen Union, FDP und Grünen um begehrte Ministerien ist bereits in vollem Gange

17.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:20 Uhr

Berlin (DK) Es ist die wohl umstrittenste Personalie im künftigen Bundeskabinett. Noch vor dem Start der Sondierungsgespräche für eine mögliche Jamaika-Koalition am heutigen Mittwoch hat das Ringen um den Posten des Bundesfinanzministers begonnen. Wer wird Nachfolger von Wolfgang Schäuble? FDP-Chef Christian Lindner prescht vor und macht deutlich, dass seine Partei keinen CDU-Politiker mehr als Kassenwart will: "Ein Grüner, ein CSU- oder FDP-Finanzminister - alles wäre besser, als das Kanzleramt und das Finanzministerium weiterhin in CDU-Hand zu halten, denn so wird durchregiert", stellt Lindner klar. Die FDP habe selbst Interesse daran, den einflussreichen Posten in der Regierung zu übernehmen, heißt es. Neben Parteichef Lindner wird auch Parteivize Wolfgang Kubicki gehandelt.

Wer darf mit auf die Reise nach Jamaika gehen? Wer wird künftig dem Bundeskabinett angehören und auf der Regierungsbank im Bundestag Platz nehmen? Das Personalkarussell kommt in Schwung, auch wenn alle Beteiligten betonen, dass über Personal erst ganz am Ende der Jamaika-Verhandlungen gesprochen und entschieden werde, also erst die Inhalte geklärt würden. Klar ist, dass im Falle der Bildung einer Jamaika-Koalition Angela Merkel (CDU) Kanzlerin bliebe und zum vierten Mal zur Regierungschefin gewählt würde. Zwar gibt es in der Union die Forderung, das Finanzministerium zu behalten. Dass Amtsinhaber Wolfgang Schäuble allerdings auf den Stuhl des Bundestagspräsidenten wechselt, obwohl er gerne weitergemacht hätte, deutet darauf hin, dass der Posten womöglich an die FDP gehen dürfte, sollte sie als zweitstärkste Koalitionspartei den Anspruch erheben.

FDP-Chef Lindner hält es für einen Fehler, dass seine Partei 2009 das Ressort nicht für sich beansprucht hatte, und will diesen offenbar nicht wiederholen. Dann wiederum müsste die Partei das Außenministerium - eine liberale Domäne - wohl den Grünen überlassen. Deren Parteichef Cem Özdemir werden Ambitionen auf den Chefsessel im Auswärtigen Amt nachgesagt. Die Ökopartei liebäugelt allerdings auch mit dem Wirtschaftsministerium und dem Umweltministerium, die für die Energiewende und Klimaschutz zuständig sind. Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt wird unter anderem für ein Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz gehandelt.

Würde die Union weder den Außen- noch den Finanzminister stellen, könnte der Druck auf Kanzlerin Merkel aus den eigenen Reihen steigen. Das Innenministerium jedenfalls gilt wie das Verteidigungsministerium bei CDU und CSU als gesetzt. Die Zukunft von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen an der Spitze der Truppe scheint allerdings nicht sicher zu sein. In der Bundestagsfraktion hält sich die Begeisterung für die CDU-Frau in Grenzen. Merkel jedoch steht zu ihr. Auch Innenminister Thomas de Maizière (CDU) würde gern sein Amt behalten, doch meldet auch CSU-Spitzenkandidat und Amtskollege Joachim Herrmann aus Bayern Ansprüche auf den Posten an. Die CSU dürfte wieder nach dem Verkehrsministerium greifen. Generalsekretär Andreas Scheuer wird hier gehandelt. Auch die Grünen sind daran interessiert.

In den Reihen der CDU misst man dem Personalpoker diesmal noch größere Bedeutung bei als sonst. Schließlich geht man in der Union davon aus, dass Angela Merkel nicht ein weiteres Mal für das Kanzleramt antreten wird. Im Rennen um die Nachfolge gilt ein Ministerposten als Startvorteil.

Auch über CSU-Chef Horst Seehofer wird in Berlin eifrig spekuliert. Wäre ein großes Ministerium für Arbeit und Soziales womöglich die goldene Brücke, den erbitterten Machtkampf mit Markus Söder zu beenden? Seehofer könne als CSU-Vorsitzender nach Berlin gehen und das Schlüsselressort führen und Söder als Ministerpräsident die Partei in den Landtagswahlkampf im kommenden Jahr führen, so lauten Gerüchte, die niemand bestätigen will, für die sich aber nicht wenige in der Führungsriege starkmachen sollen. Dann könnte sich Seehofer in der Hauptstadt als Vorkämpfer für den sozialen Anspruch der CSU in Szene setzen.