Berlin
Merkel stärkt Gabriel im Streit mit Netanjahu den Rücken

Kanzlerin verteidigt Besuchsprogramm des Außenministers und bedauert Absage des Treffens mit dem israelischen Regierungschef

26.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:14 Uhr

Berlin (DK) Breite Rückendeckung für Bundesaußenminister Sigmar Gabriel nach dem Eklat bei seinem Antrittsbesuch in Israel. Der SPD-Politiker erhielt gestern parteiübergreifend Unterstützung. Bundeskanzlerin Angela Merkel stellte sich hinter ihren Vizekanzler und verteidigte sein umstrittenes Treffen mit Vertretern von Nichtregierungsorganisationen bei seinem Besuch in Jerusalem. "Wir sind der Meinung, dass es möglich sein muss, in einem demokratischen Land auch kritische Nichtregierungsorganisationen zu treffen, ohne dass das solche Folgen hat", ließ Merkel über ihren Regierungssprecher erklären. Auch die Kanzlerin treffe bei ihren Reisen regelmäßig Vertreter der Zivilgesellschaft. Merkel bedauere, dass das Gespräch zwischen Netanjahu und Gabriel ausgefallen sei. Dies ändere jedoch nichts an "der überragenden Bedeutung" der deutsch-israelischen Beziehungen.

Israels Ministerpräsident und Außenminister Benjamin Netanjahu hatte am Dienstag eine Begegnung mit Gabriel kurzfristig abgesagt, weil der deutsche Außenminister während seiner Reise auch Mitglieder der Gruppen "Breaking the Silence" und "B'Tselem" getroffen hatte, die die Siedlungspolitik der israelischen Regierung in den palästinensischen Gebieten scharf kritisieren.

Droht jetzt eine ernsthafte Krise in den deutsch-israelischen Beziehungen? Das geplatzte Treffen bei Gabriel ist nur der Höhepunkt einer Reihe von Streitpunkten und Auseinandersetzungen zwischen beiden Regierungen. So hatte die Bundesregierung zuletzt ungewöhnlich scharf die israelische Siedlungspolitik kritisiert. Auch waren die deutsch-israelischen Regierungskonsultationen überraschend abgesagt worden. Bereits 1999 hatte der damalige israelische Außenminister Ariel Scharon ein Gespräch mit seinem Amtskollegen Joschka Fischer wegen des Streits über die Siedlungspolitik abgesagt.

Auch der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder (CDU), hat sich nach dem deutsch-israelischen Eklat hinter Bundesaußenminister Gabriel gestellt. "Am Reiseprogramm von Bundesaußenminister Sigmar Gabriel gibt es nichts zu kritisieren", sagte Kauder gestern im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion. "Wir erleben es leider in letzter Zeit immer häufiger, dass Staatsmänner über die Arbeit von Journalisten oder auch die Kontakte von ausländischen Politikern zu kritischen Gruppen in ihrem Land bestimmen wollen. Das können wir nicht akzeptieren, auch wenn in der Außenpolitik immer auch diplomatisch vorgegangen werden muss", kritisierte der Unionsfraktionschef Israels Premierminister Benjamin Netanjahu. "Es bleibt dabei, was die Bundeskanzlerin gesagt hat: Die Sicherheit Israels gehört zur deutschen Staatsraison", sagte Kauder. "Das darf uns nicht hindern, die aktuelle Politik der israelischen Regierung kritisch zu begleiten."

Kritik kam dagegen von der Vizechefin der deutsch-israelischen Gesellschaft: "Ich hätte mir mehr Fingerspitzengefühl des Ministers gewünscht", sagte die CDU-Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann (CDU). Zwar sei es Tradition, bei Auslandsreisen mit regierungskritischen Organisationen zu sprechen, doch hätte Gabriel die Gesprächspartner sorgfältiger auswählen müssen.

Mit Spannung wird jetzt der Antrittsbesuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Israel Anfang Mai erwartet. Auch Steinmeier will Gespräche mit Vertretern der Zivilgesellschaft führen.