Berlin
Lauert der Angreifer noch?

Der CSU-Abgeordnete Reinhard Brandl über die Hackerattacke auf den Bundestag

24.06.2015 | Stand 02.12.2020, 21:09 Uhr
Reinhard Brandl (CSU). −Foto: Foto: Foto: Spindler

Berlin (DK) Der Hackerangriff auf den Bundestag schlägt weiter hohe Wellen. Der CSU-Abgeordnete Reinhard Brandl beschäftigt sich intensiv mit der Aufklärung und räumt ein: „Wie der Angreifer ins Datennetz des Bundestags gelangen konnte, lässt sich nicht mehr nachvollziehen.“

Seit sechs Jahren ist der Bundestagsabgeordnete aus Ingolstadt Mitglied der Kommission für Informations- und Kommunikationstechniken, deren Aufgabe jetzt die Aufklärung des Hackerangriffs ist. „Für die Kommission hat sich früher niemand interessiert – seit dem Hackerangriff habe ich jeden Tag Anfragen“, erklärt Brandl. „In der noch laufenden Phase der Aufarbeitung kann sich jeden Tag ein neuer Sachstand ergeben. Eine umfassende Information kann erst nach Abschluss der Arbeiten gegeben werden.“

Die Aufarbeitung des Hackerangriffs gleiche der sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im Heuhaufen, so Brandl. Mit ein Grund dafür sei die Affäre Edathy. Der SPD-Politiker stand unter dem Verdacht, sich mit seinem Bundestagslaptop kinderpornografische Inhalte aus dem Internet heruntergeladen zu haben. Eine Rolle spielten damals die sogenannten Logfiles des Bundestags, in denen festgehalten ist, zu welchen Servern im Internet Verbindungen aufgebaut wurden. Nach dem Fall Edathy sei entschieden worden, die Speicherdauer der Logfiles Abgeordneter von zuvor drei Monaten auf sieben Tage zu verkürzen, berichtet Brandl: „Wir haben diese Entscheidung in dem Bewusstsein getroffen, dass die Sicherheit darunter leidet.“

Als Anfang Mai der Angriff festgestellt wurde, sei nicht mehr nachvollziehbar gewesen, was mehr als sieben Tage zuvor auf der Infrastruktur des Systems passiert war, erklärt der CSU-Politiker. „Wir wissen bis heute nicht, wie der Angreifer ins Netz gelangt ist – über einen Link, USB-Stick oder eine Website – alles reine Spekulation.“ Gemutmaßt wird auch, der Hackerangriff gehe auf russische Geheimdienstkreise zurück. „Dazu kann ich nichts sagen“, äußert sich Brandl zurückhaltend. „Meine Erfahrung von anderen Cyber-Angriffen sagt mir aber, dass eine eindeutige und sichere Zuordnung nie möglich ist.“

Mehr als 7000 Computer benutzt der Bundestagsapparat. Während die Virenscanner im Hintergrund weiter laufen, ist nach Auskunft von Brandl nicht einmal gewiss, ob die Hacker nach wie vor irgendwo im Netz lauern. „Der Angreifer war von hoher Professionalität und so tief im System, dass wir vermuten, dass er ein Hintertürchen eingebaut hat, um der Bereinigung zu entgehen.“ Ab dieser Woche wird laut Brandl geplant, das IT-System des Bundestags Stück für Stück neu aufzubauen – „ohne dass die Infektion überspringt“.

Den Vorwurf, die Politik habe bei der IT-Sicherheit des Parlaments geschlafen, weist Reinhard Brandl zurück: „Wir haben in der Vergangenheit sehr bewusst Kompromisse zugunsten von Komfort und Datenschutz und zulasten der Sicherheit gemacht. Sobald die Aufarbeitung des Angriffs abgeschlossen ist, werden wir unsere Sicherheitsvorkehrungen neu diskutieren und bewerten.“ Das soll in der Sommerpause geschehen.