Berlin
Kritik an der Arbeit des Flüchtlingsamtes

Klagen von abgelehnten Asylbewerbern immer öfter erfolgreich aber nur in erster Instanz

15.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:57 Uhr

Berlin (DK) Wird beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) nicht sorgfältig gearbeitet? Werden Entscheidungen im Schnelldurchgang und häufig fehlerhaft getroffen? Immerhin hatten gut 44,2 Prozent aller Asylbewerber mit ihren Klagen Erfolg, die in den ersten neun Monaten 2017 gegen die Ablehnung ihres Antrages geklagt hatten.

Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervor, die unserer Berliner Redaktion vorliegt.

Allerdings ist die überwiegende Zahl der Klagen nur in erster Instanz erfolgreich. In höheren Instanzen würden die Entscheidungen des Bamf meist bestätigt, so die Bundesregierung. Inzwischen wird gegen fast alle negativen Asylbescheide geklagt. Von Januar bis Ende September 2017 waren gut 273.000 Klagen eingegangen. In diesem Zeitraum gab es rund 100.000 Urteile. Im Falle einer erfolgreichen Klage, einer rechtskräftigen positiven Entscheidung, wird Schutz als Asylberechtigter oder als Flüchtling nach der Genfer Konvention gewährt.

Vor allem Syrer (69 Prozent) und Afghanen (61 Prozent) haben dabei vor den Verwaltungsgerichten in erster Instanz Erfolg. Es sei "offensichtlich, dass die politisch gewollte Abschreckung von Schutzsuchenden haufenweise Fehlentscheidungen" im Flüchtlingsbundesamt hervorrufe, kritisiert Ulla Jelpke, Innenexpertin der Linken. Die hohe Erfolgsquote der Klagen werfe letztlich "ein düsteres Licht" auf die Qualität der Entscheidungen.

Ganz anders sieht dies Stephan Mayer, innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion und CSU-Politiker. "Die derzeit vielen erfolgreichen Asylklagen bedeuten nicht, dass das Bamf schlecht arbeitet. Vielmehr bestätigen die Obergerichte in aller Regel das Bundesamt und kassieren die Urteile der ersten Instanz", erklärt er gegenüber unserer Berliner Redaktion.

Die Verwaltungsgerichte sollten sich dessen noch stärker bewusst sein. "Bei umstrittenen grundsätzlichen Rechtsfragen sollte im Übrigen von der Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht Gebrauch gemacht werden", fordert Mayer. Dieses Rechtsinstrument sei gerade zu dem Zweck eingeführt worden, im Asylbereich zügig zu einer einheitlicheren Rechtsanwendung zu kommen. Stephan Harbarth, Vizechef der Unionsfraktion und CDU-Mitglied, verweist darauf, dass die hohe Zahl der Klagen gegen ablehnende Entscheidungen jetzt zwangsläufig zeitversetzt zum tatsächlichen Zuzug der Menschen gekommen sei.

Anerkannte Asylbewerber haben anders als Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutz Anspruch auf Familiennachzug. Auch dies dürfte ein Grund dafür sein, dass so häufig geklagt wird. Im ersten Dreivierteljahr 2017 sind nach Angaben der Bundesregierung 20.000 Asylbewerber freiwillig in ihre Heimat zurückgekehrt, noch bevor abschließend über ihren Antrag entschieden worden war. Rund 18.000 Flüchtlinge wurden abgeschoben. ‹ŒKommentar Seite 2