Berlin
Kirche warnt vor Dammbruch bei Sterbehilfe

Katholische Bischöfe kritisieren neuen Gruppenantrag von Politikern der großen Koalition

16.06.2015 | Stand 02.12.2020, 21:11 Uhr

Berlin (DK) Langsam wird es konkret: Am 3. Juli soll der Bundestag erstmals über Gruppenanträge zur Regelung der Sterbehilfe in Deutschland beraten. Heute will eine Gruppe von Abgeordneten der großen Koalition um Bundestagsvizepräsident Peter Hintze (CDU) und SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach ihre Pläne vorstellen.

Laut dem Entwurf, der unserer Berliner Redaktion vorliegt, soll „die ärztlich begleitete Lebensbeendigung“ eine Rechtsgrundlage im Bürgerlichen Gesetzbuch erhalten. Ein Verbot von Sterbehilfe-Vereinen ist dagegen nicht vorgesehen.

Kurz vor der offiziellen Präsentation des Entwurfs kommt scharfe Kritik von der katholischen Kirche. „Mit dem Vorschlag wird der assistierte Suizid erstmals als ärztliche Aufgabe definiert und als Handlungsoption neben die Möglichkeiten der palliativen und hospizlichen Versorgung gestellt“, erklärte Prälat Karl Jüsten, Leiter des Kommissariats der deutschen Bischöfe, gestern im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion. Die Abgeordneten wollten ein allgemeines Gesetz für sehr wenige, extreme Einzelfälle schaffen, für die die Möglichkeiten der palliativen Versorgung angeblich ausgeschöpft seien.

„Die Verfasser übersehen dabei allerdings, dass dies weitreichende Folgen für den Umgang unserer Gesellschaft mit Sterbenden und Schwerstkranken hätte“, so Jüsten weiter. „Genau eine solche gesellschaftlich akzeptierte Normalisierung wird Menschen in schwierigsten Lebenssituationen vor die Frage stellen, warum sie von der genannten Option keinen Gebrauch machen.“

Hintze und Lauterbach verweisen darauf, dass sie die ärztliche Unterstützung bei der Lebensbeendigung an strenge Kriterien knüpfen wollen. Die Suizidbeihilfe durch den Arzt solle immer „freiwillig“ erfolgen. Der Patient müsse unheilbar krank sein. Sein Wunsch zu sterben müsse „ernsthaft und endgültig“ sein. Außerdem verlangt der Gruppenantrag die Bestätigung des Patientenwunsches und seiner Einwilligungsfähigkeit durch einen zweiten Arzt. Damit würde die Regelung nicht für Demente oder psychisch Kranke gelten, erläutern die Initiatoren des Antrags.

Derzeit liegen drei weitere Vorschläge von parteiübergreifenden Parlamentariergruppen vor. Einig sind sich alle, gewerbsmäßige, also auf Gewinn abzielende Angebote zu verbieten. Ein Gesetzentwurf will jede Form der Suizidbeihilfe verbieten, ein anderer alle organisierten Formen.