Berlin
Italien fühlt sich im Stich gelassen

Außenminister Alfano mahnt Hilfe in Flüchtlingskrise an Kritik an Libyen

14.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:38 Uhr

Berlin (AFP) In der Debatte um die Flüchtlingsrettung im Mittelmeer hat Italiens Außenminister Angelino Alfano den EU-Staaten Versagen vorgeworfen. In Deutschland mehrte sich unterdessen Kritik an Italien und Libyen.

Auf die Frage, ob sich Italien von Europa im Stich gelassen fühle, entgegnete Alfano in einem Interview mit der "Bild"-Zeitung vom Montag: "Ein ganz klares Ja!" Der Minister kritisierte, die Verteilung der Flüchtlinge auf die EU-Staaten funktioniere "überhaupt nicht". Alfano sagte weiter: "Das bedeutet, dass die Flüchtlinge in Italien bleiben." Sein Land könne aber "diese Last nicht alleine verkraften".

Alfano vermisst nach eigenen Worten eine gemeinsame europäische Migrationspolitik, die sich der ankommenden Bootsflüchtlinge annimmt. Er rechnet nach eigenen Angaben bis Ende des Jahres mit mehr als 200 000 Menschen, die über die Mittelmeerroute nach Europa kommen.

Auch die Linken-Innenpolitikerin Ulla Jelpke übte scharfe Kritik - allerdings an Alfanos Regierung und Tripolis. "Wenn die Seenotrettungs-NGOs jetzt durch Libyen oder durch Italien kriminalisiert werden, bedeutet das nichts anderes, als den Tod Tausender in Kauf zu nehmen", erklärte Jelpke. Diese Politik sei "widerwärtig und bösartig".

Die libysche Marine hatte am Donnerstag erklärt, ausländische Schiffe dürften die Küste des Landes ohne eine besondere Erlaubnis der libyschen Behörden nicht mehr ansteuern. Alfano hatte die Einrichtung einer solchen Sonderzone durch Tripolis begrüßt.

Nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes vom Montag wurde diese angekündigte Zone bisher noch nicht eingerichtet. Das könne nicht einseitig umgesetzt werden, sondern müsse mit den Nachbarstaaten abgestimmt werden und bei der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation ratifiziert werden.

Die Grünen-Politikerin Franziska Brantner appellierte an die internationale Gemeinschaft und die Bundesregierung, "nicht tatenlos" zuzuschauen, "wenn Libyen in der Flüchtlingspolitik willkürlich Fakten schafft". Tripolis' Ankündigung komme "einem Verstoß gegen Völkerrecht gleich".

Seit dieser Ankündigung hatten die drei Hilfsorganisationen Ärzte ohne Grenzen, Save the Children sowie Sea-Eye angekündigt, ihre Rettungsschiffe nicht weiter im Mittelmeer einzusetzen. Sie hatten das mit der Sicherheitslage vor der libyschen Küste begründet.

EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos äußerte sich positiv über die Arbeit von NGOs: "Der Großteil der Nichtregierungsorganisationen hilft uns bei unseren Bemühungen, Leben zu retten."