Berlin
Hochhäuser unter der Lupe

Bauministerin Hendricks kündigt nach Brandkatastrophe in London Überprüfung an

28.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:52 Uhr

Berlin (DK) Damit eine Brandkatastrophe wie in London nicht auch in Deutschland passieren kann, sollen örtliche Behörden jetzt bundesweit verdächtige Hochhäuser unter die Lupe nehmen. Das kündigte Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) gestern an.

Die Bauministerkonferenz werde "kurzfristig erheben, wo es solche Bauten geben kann", sagte Hendricks in Berlin. Der bisherige Takt von sechs Jahren, in dem Dämm- und Brandschutzvorgaben kontrolliert werden müssen, solle kürzer werden, schlug das Bundesbauministerium zugleich den Bundesländern vor. Baurecht fällt in Deutschland in die Zuständigkeit der Länder.

"Unser Bauordnungsrecht lässt in keinem Bundesland Zustände wie an dem Hochhaus in London zu", erklärte Florian Pronold (SPD), Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesbauministerin, gestern im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion. "Wir sollten die Bestimmungen in den Ländern vereinheitlichen. Es ist Zeit für eine bundesweit gültige Baumusterverordnung." Ergebnisse der Überprüfungen durch die Länder erwartet die Bundesregierung bis Herbst.

Vor zwei Wochen waren bei der Feuerkatastrophe im Londoner Grenfell Tower nach neuesten Behördenangaben mindestens 80 Menschen gestorben. Die Londoner Polizei teilte gestern mit, die genaue Zahl der Toten stehe nicht vor Ende des Jahres fest. Bei Brandschutz-Tests fielen in Großbritannien nach neuestem Stand 120 Hochhäuser durch.

Unterdessen wird die Debatte um gefährliche Dämmstoffe auch in Deutschland schärfer. "Wir können nur hoffen, dass der Warnschuss aus London endlich ernst genommen wird", sagte der Leitende Branddirektor der Frankfurter Feuerwehr, Reinhard Ries. Er forderte einen besseren Brandschutz für Häuser unterhalb der Hochhausgrenze, also zwischen 7 und 22 Metern Höhe. Bis zu dieser Gebäudehöhe reichen die Einsatzgeräte der Feuerwehr. Ab 22 Metern sind nicht-brennbare Fassaden vorgeschrieben. Ries zufolge behauptet ein Großteil der Fachwelt einschließlich Industrie und Politik, die Wärmedämmverbundsysteme seien sicher. Dies sei aber nicht der Fall, sagte er.

Drastische Folgen hat das Unglück von London für 70 Mieter eines Hochhauses in Wuppertal. Weil die Fassadenverkleidung als feuergefährdet gilt, dürfen die Mieter dort bis auf Weiteres nicht mehr nach Hause zurückkehren. Habseligkeiten können sie unter Aufsicht noch herausholen. Die Eigentümer wollen jetzt aktiv werden. "Das Bauamt hat einen Wiederbezug zugesagt, sobald die Fassade entfernt ist und alle sicherheitstechnischen Mängel behoben sind", betonte die Immobilienfirma Intown.

Bayerns Bauminister Joachim Herrmann (CSU), erklärte, er sehe keine Veranlassung, alle unteren Bauaufsichtsbehörden mit einer erneuten Überprüfung von bereits erteilten Genehmigungen zu beauftragen. "Es ist immer - nicht nur beim Brandschutz - auch im Interesse der Bauherren und Eigentümer, dass die Gebäude auch so ausgeführt werden, wie sie genehmigt wurden", so Herrmann weiter.