Berlin
Die ewige Kanzlerin?

In der CDU wird der Ruf nach Perspektiven für die Zeit nach Merkel laut

19.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:20 Uhr

Berlin (DK) Erst kommt das Lob, dann der Dolchstoß: "Die Menschen haben ein Rieseninteresse, dass Angela Merkel das Land weitere vier Jahre erfolgreich führt", sagt Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther, und prescht vor: "Sie wollen aber dann auch Perspektiven sehen, wie es danach weitergeht", erklärt der CDU-Politiker, der bei den Jamaika-Sondierungen mit am Verhandlungstisch sitzt. In der Union wird immer offener über die Zukunft von Angela Merkel diskutiert.

Die zweite Reihe der CDU-Führung macht gegen die Parteichefin mobil.

Hat Merkels Endspiel schon begonnen? Das mäßige Wahlergebnis bei der Bundestagswahl lege es der Partei ans Herz, "eine personelle Erneuerung anzugehen", drängt CDU-Ministerpräsident Günther auf neue Gesichter in Führungspositionen. Auch die Junge Union hatte zuletzt eine personelle Erneuerung gefordert, sich für Kurskorrekturen ausgesprochen. In der CDU-Führung war der Ruf nach einer gründlichen Analyse des historisch schwachen Wahlergebnisses laut geworden. Eine ursprünglich für das kommende Wochenende vorgesehene Klausurtagung der Parteispitze zur Ursachenforschung soll jetzt erst nach den Sondierungsgesprächen für eine Jamaika-Koalition stattfinden. CDU-Generalsekretär Peter Tauber wies Kritik zurück, Merkel wolle sich vor einer kritischen Analyse des Wahlergebnisses drücken. "Wir wollen gerade nicht zur Tagesordnung übergehen", sagte er.

Der Druck auf Merkel wächst. Und auch FDP-Chef Christian Lindner heizt die Debatte an: Er rechne in den nächsten vier Jahren mit einer Debatte über die Nachfolge von Angela Merkel, erklärte der Liberale gestern. Bei der Kanzlerin habe es nach der Bundestagswahl "einen deutlich spürbaren Autoritätsverlust" gegeben. "Ich traue ihr zu, dass sie ihre politische Nachfolge selbst regeln will, und dass sie sich nicht auf eine Zermürbungstaktik einlässt", sagt Lindner.

Seit zwölf Jahren regiert die CDU-Chefin nunmehr, allein Helmut Kohl (16 Jahre) und Konrad Adenauer (14 Jahre) waren länger im Amt. Bei der Bundestagswahl am 24. September hatte die Union mit der 63-jährigen Regierungschefin ein historisch schlechtes Wahlergebnis erzielt. Plant Merkel ihren Abschied aus der Politik? Zuletzt hatte die Regierungschefin mehrfach klargestellt, dass sie volle vier Jahre im Amt bleiben wolle. Dies gelte sowohl für das Kanzleramt als auch für den CDU-Vorsitz, versicherte sie, allerdings nur, sofern die Gesundheit dies auch zulasse.

In der Union wird hinter den Kulissen aber längst über die Zeit nach Merkel gesprochen. Merkel selbst hatte immer wieder versichert, dass sie - anders als jeder ihrer Vorgänger - "selbstbestimmt" über ihren Abschied von der Macht und der Politik entscheiden wolle. Einen vorzeitigen Stabwechsel, etwa Mitte der Wahlperiode, könnte Merkel nur mit gesundheitlichen Problemen begründen. Parteifreunde halten es allerdings nicht für ausgeschlossen, dass die CDU-Chefin auch 2021 noch einmal antreten könnte. Von einem TV-Moderator nach solchen Ambitionen gefragt, antwortete die Kanzlerin kürzlich: "Das weiß man nicht."