Berlin
Die Grünen sind zunehmend enttäuscht von ihren Partnern

Themen der neuen Sondierungswoche sind wohl festgelegt Klimaschutz und Flüchtlinge bleiben Streitpunkte bei Jamaika

12.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:13 Uhr

Berlin (DK) Rollentausch bei den Jamaika-Partnern: Plötzlich stellen sich die Grünen quer, verschärfen den Ton. Zuversicht und milde Töne dagegen auf einmal bei den Liberalen: Er habe nun das Gefühl, es könnte was werden, erklärte FDP-Parteivize Wolfgang Kubicki zu Beginn der heißen Sondierungsphase.

Auch Kanzlerin Angela Merkel zeigte sich gestern optimistisch. Ob Jamaika gelinge, werde man allerdings erst Ende der Woche sehen.

Hatten die Grünen sich zuletzt noch auf Union und FDP zubewegt, Kompromissbereitschaft bei den Themen Klimaschutz und Verbrennungsmotor signalisiert, fordern sie jetzt Bewegung von CDU, CSU und FDP. Die bisherigen Sondierungsergebnisse reichten nicht aus. Bei der Union und den Liberalen gebe es "keinerlei Entgegenkommen", so Grünen-Chef Cem Özdemir. Das Angebot ihrer Partei, Brücken zu bauen, sei noch nicht erwidert worden, klagte jetzt auch Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt.

Ob Klimaschutz, Flüchtlingspolitik, Innere Sicherheit, Bildung und Verteidigungspolitik - die Liste der Streitpunkte bleibt lang. Gestern begann eine neue Phase der Sondierungen. CDU-Vorsitzende Angela Merkel, CSU-Chef Horst Seehofer, die FDP-Chefs Christian Lindner und Wolfgang Kubicki sowie die Grünen-Unterhändler Cem Özdemir, Katrin Göring-Eckardt und Winfried Kretschmann loteten in Berlin mögliche Kompromisslinien für die Woche der Entscheidung aus und legten das Drehbuch für die Verhandlungen in dieser Woche fest. Dabei hätten vor allem die Finanzen, der Klimaschutz und die Flüchtlingspolitik im Mittelpunkt gestanden, hieß es aus Teilnehmerkreisen.

Einig ist man sich offenbar über Verbesserungen bei der Rente. "Uns eint der Wille, dass jemand, der länger gearbeitet hat, im Alter mehr haben soll als die Grundsicherung", heißt es in einem Papier der Sondierer. Auch die Erwerbsminderungsrente soll verbessert und private Vorsorge gestärkt werden. Bis Ende 2019 werde eine Kommission ein Konzept für die langfristige Planung der Rente erarbeiten, heißt es.

Bis Donnerstag soll Klarheit herrschen, ob die Gemeinsamkeiten ausreichen, um tatsächlich Koalitionsverhandlungen für ein schwarz-gelb-grünes Bündnis aufzunehmen oder ob die Sondierungen gescheitert sind. Jürgen Trittin (Grüne) zieht jedenfalls weiterhin eine ernüchternde Bilanz: "Wenn heute Parteitag wäre, müsste ich sagen: Von unserem Zehn-Punkte-Programm ist noch kein einziger Punkt umgesetzt. Für die Grünen steht es 0:10", sagte er und droht, dass es kein Jamaika-Bündnis geben werde, wenn die Grundlagen nicht stimmten. "Wir müssen am wenigsten Angst vor Neuwahlen haben", so Trittin. Die Grünen wollen am 25. November auf einem Parteitag entscheiden, ob es mit ihnen Verhandlungen für ein Bündnis geben wird.

FDP-Chef Lindner zeigte sich dagegen zuversichtlich: "Ich bin etwas optimistischer als in den letzten Wochen. Es hat bei Grünen und FDP den Abschied von Maximalpositionen gegeben", erklärte er gestern gegenüber unserer Berliner Redaktion.

Die CSU pocht weiter auf eine Begrenzung der Zuwanderung. Ganz oben auf der Liste stünden auch mehr Sicherheit für alle und eine spürbare Entlastung für Familien, stellte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt klar. "Wenn das passt, können wir weitermachen." Und für die Grünen seien klare Fortschritte beim Klimaschutz entscheidend, aber darauf lasse man sich nicht reduzieren, erklärte Fraktionschef Anton Hofreiter gestern im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion.