Berlin
"Die Arbeit beginnt erst"

Nordkorea-Experte Hartmut Koschyk über das Treffen von Trump und Kim

09.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:42 Uhr

Berlin (DK) Der CSU-Politiker Hartmut Koschyk war lange Jahre Vorsitzender der deutsch-koreanischen Parlamentariergruppe des Bundestags, bis er vergangenes Jahr aus dem Parlament ausschied. Wir haben mit dem Nordkorea-Experten über die überraschende Wende im Atomkonflikt und das bevorstehende Treffen von US-Präsident Donald Trump und dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un gesprochen.

Herr Koschyk, plötzlich Tauwetter im Nordkorea-Konflikt. Woher kommt dieser dramatische Kurswechsel?

Hartmut Koschyk: Die Geschlossenheit, mit der die internationale Gemeinschaft gegenüber Nordkorea aufgetreten ist, hat endlich Wirkung gezeigt. Insbesondere, dass auch China und Russland die Entscheidungen des UN-Sicherheitsrats unterstützt haben, wird Kim beeindruckt haben. Daher seine Bereitschaft, mit Trump zu reden. Außerdem hat der südkoreanische Präsident Moon Jae In gegenüber dem US-Präsidenten erfolgreich für einen Dialog zur Lösung der Krise geworben. Am Ende hat sich Trump anscheinend überzeugen lassen, den Weg des Dialogs zu wagen, auch wenn das sicher eine langwierige Geschichte ist. Aber dafür könnte es entscheidend zu einer dauerhaften Lösung des Nuklearkonflikts beitragen.

 

Bislang folgten auf positive Signale stets neue Raketentests von Pjöngjang. Sehen Sie jetzt Chancen auf Annäherung?

Koschyk: Ich konnte kürzlich den Bundespräsidenten bei seiner Reise nach Japan und Südkorea begleiten und mit ihm gemeinsam den südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In treffen. Wir waren alle sehr beeindruckt von dessen Kompetenz und seiner langfristigen Strategie für die koreanische Halbinsel. Moon ist ein sehr erfahrener Politiker, sichert seine Positionen immer gegenüber den USA ab und versucht, Nordkorea in einen langfristigen Annäherungsprozess einzubinden. Das macht Hoffnung.

 

Warum sollte Kim sein Atomprogramm einstellen? Es ist sein einziges Faustpfand . . .

Koschyk: Der nordkoreanische Führer hat immer wieder erklärt, dass er beides will: Sowohl eine bessere Lebenssituation für die Menschen in Nordkorea als auch eine Absicherung seines Regimes. In den letzten Wochen hat er immer wieder erklärt, dass Nordkorea dank seiner Atomwaffen und der entsprechenden Trägersysteme inzwischen auf Augenhöhe mit den USA sei. Kim hält sich jetzt für unangreifbar. In dieser Situation vermeintlicher Stärke kann er sich diese Geste des Dialogs leisten. Man darf mit Blick auf Nordkorea nicht vergessen: Vieles, was uns als irrational erscheint, macht aus einer nordkoreanisch-innenpolitischen Perspektive durchaus Sinn.

 

Müssen die USA das nordkoreanische Atomprogramm akzeptieren?

Koschyk: Die aktuelle Chance liegt darin, dass sich beide Seiten zumindest mal zusammen an einen Tisch setzen. Lange war die Logik der USA: Wir reden erst mit Nordkorea, wenn die auf ihr Atomprogramm verzichten. Jetzt geht Trump ohne Vorbedingungen in einen Dialog. Das ist ein wichtiger Schritt. Aber die eigentliche Arbeit beginnt jetzt erst.

 

Ist US-Präsident Trump tatsächlich zur Vernunft gekommen?

Koschyk: Trump will zeigen: Ich kann auch anders. Der US-Präsident beweist Flexibilität und überrascht seine Kritiker. Es wäre ein riesiger diplomatischer Erfolg für ihn, wenn er im Nordkoreakonflikt, wo alle seine Vorgänger gescheitert sind, einen Durchbruch erzielen könnte. Clinton hat es mit gutem Willen versucht, Bush hat Nordkorea dann zur Achse des Bösen erklärt und Obama hat gehofft, das Problem einfach aussitzen zu können.

 

Was hätte die Beilegung des Korea-Konflikts für Folgen für die Region?

Koschyk: Nordostasien könnte zu einer Zone der Verständigung, Kooperation und Prosperität werden. Die Region hat das Potenzial, ein Beispiel dafür zu werden, wie sich Weltmächte wie die USA, Russland und China auf eine friedliche Beilegung von Konflikten einigen können.

 

Die Fragen stellte

Tobias Schmidt.