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"Das hätte nicht passieren dürfen"

Terrorverdächtiger Bundeswehrsoldat: CDU übt sich nach dem Vorfall in Selbstkritik

28.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:13 Uhr

Berlin (DK) "Jeden Stein umdrehen" werde man jetzt, "bis wir wissen, wie es dazu kommen konnte", kündigt ein Sprecher von Bundesinnenminister Thomas de Maizière eine lückenlose Aufklärung an. "Die Entscheidung war falsch", räumt er gestern selbstkritisch auf Regierungsseite Fehler der Behörden ein und kündigt im Fall des unter Terrorverdacht stehenden Bundeswehrsoldaten Franco A. Konsequenzen an. Behördenpannen ja, strukturelle Defizite oder gar fundamentale Sicherheitslücken, wie sie die Opposition und der Koalitionspartner beklagen, nein, so die Botschaft.

Wie konnte das passieren? Warum blieb das bizarre Doppelleben des mittlerweile inhaftierten Soldaten unentdeckt? Innenminister de Maizière und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) waren gestern um Schadensbegrenzung bemüht. Das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages versuchte in einer Sondersitzung Licht in den kuriosen Fall zu bringen. "Es hätte eigentlich nicht passieren dürfen", erklärte Clemens Binninger (CDU), Chef des Gremiums. Der Fall sei "unerklärlich".

Ein mutmaßlich rechtsextremer Bundeswehrsoldat soll ein Attentat geplant, sich als syrischer Flüchtling ausgegeben und mit der falschen Identität auch in einer Flüchtlingsunterkunft gelebt haben. Weder bei der Überprüfung seines Asylantrages war er aufgefallen, obwohl er nur französisch und kaum arabisch gesprochen habe. Auch beim Militärischen Abschirmdienst (MAD) klingelten nicht die Alarmglocken und dies trotz eines erweiterten Sicherheitschecks. Das Flüchtlingsbundesamt hatte ihm vor fünf Monaten eingeschränkten Schutz gewährt.

Der 28-jährige Oberleutnant Franco A. war am Mittwoch im unterfränkischen Hammelburg festgenommen worden und sitzt wegen des Verdachts in Haft, eine schwere staatsgefährdende Gewalttat, womöglich ein Attentat auf Flüchtlinge geplant zu haben. Laut Ermittlungsbehörden könnte es sich um einen fremdenfeindlichen Hintergrund handeln. Er hatte auf dem WC des Wiener Flughafens eine Waffe versteckt und war aufgefallen, als er die Waffe wieder abholen wollte. Franco A. gehört der Bundeswehr seit acht Jahren an und ist in Frankreich stationiert. Auch ein mutmaßlicher Komplize wurde festgenommen.

Die Opposition kritisiert "grundlegende Sicherheitsmängel", werfen Bundesinnenminister Thomas de Maizière und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (beide CDU) Versagen vor. Auch die SPD übt scharfe Kritik: "Herr de Maizière und Frau von der Leyen haben ihre Läden nicht im Griff", erklärte die SPD-Generalsekretärin und sprach von einem Totalversagen des Flüchtlingsbundesamtes und des MAD.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) fordert eine rasche nachträgliche Sicherheitsüberprüfung aller Asylantragsteller aus der Zeit zwischen 2015 und Anfang 2016 und erhält dafür Unterstützung auch aus anderen Parteien. De Maizière dagegen lehnt dies ab. Schließlich gebe es keine rechtliche Grundlage für eine anlasslose erneute Überprüfung aller Flüchtlinge aus dieser Zeit.

Doch die CSU drängt: Der aktuelle Fall zeige, "wie hoch gefährlich der partielle Kontrollverlust im Herbst 2015 war, als Hunderttausende von Flüchtlingen ohne Überprüfung und Registrierung in unser Land kamen", erklärte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Mayer.

Herrmann kann dem Fall des als Flüchtling registrierten Bundeswehrsoldaten auch Positives abgewinnen. Der Fall zeige, dass der Datenaustausch zur Erkennung von Fingerabdrücken mit der österreichischen Polizei funktioniere, und unterstreiche, wie wichtig dies sei, sagte Herrmann gestern in München. Nur weil die Fingerabdrücke des in Österreich zwischenzeitlich festgenommenen Mannes bei einer Abfrage in einer Flüchtlingsdatenbank auftauchten, seien die Behörden dem Mann auf die Spur gekommen.

Inzwischen sieht Herrmann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) deutlich besser aufgestellt als zur Zeit der Registrierung des vermeintlichen Flüchtlings. "Ich glaube, dass wir inzwischen einen Zustand haben, dass sich so etwas nicht wiederholt", sagte er. Aus der zeitweiligen Überforderung seien die notwendigen Konsequenzen gezogen worden. Herrmann pochte aber darauf, dass die Identitäten, Ausweisdokumente und Anerkennungen von Flüchtlingen, die auf dem Höhepunkt der Flüchtlingsbewegung nach Deutschland kamen, erneut vom Bamf überprüft werden. Eine entsprechende Überprüfung von "Sicherheitsrisiken" habe er mit dem Bamf vereinbart.