Berlin
Meldepflicht für Impfmuffel

Gesundheitsminister Gröhe erhöht Druck auf Eltern

26.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:03 Uhr

Berlin (DK) Erst am vergangenen Wochenende war eine 37 alte Frau im Ruhrgebiet an Masern gestorben - zwar ist Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) weiter gegen eine Impfpflicht nach italienischem Vorbild. Er strebt aber eine härtere Gangart gegenüber Verweigerern an.

Bereits in der kommenden Woche soll der Bundestag die Regelung auf den Weg bringen. Hintergründe zur Impf-Debatte und den Lücken bei der Vorsorge:

 

Welche Änderungen sind geplant?

Seit Inkrafttreten des Präventionsgesetzes Mitte 2015 ist der Nachweis einer Impfberatung bei der Anmeldung von Kindern in Kindergärten Pflicht. Wird dieser Vorschrift nicht gefolgt, können schon jetzt bis zu 2500 Euro Geldbuße verhängt werden. Künftig müssen Kitas Eltern, die keinen Nachweis einer Impfberatung vorlegen, den Gesundheitsbehörden melden. Bisher lag die Entscheidung in ihrem Ermessen.

 

Wie sehen die offiziellen Impfempfehlungen aus?

Die erste Masernimpfung wird im Alter von 11 bis 14 Monaten empfohlen, die zweite ist für 15 bis 23 Monate alte Kinder vorgesehen. Die Ständige Impfkommission (Stiko) rät allen nach dem Jahr 1970 geborenen Erwachsenen, die als Kind nicht oder nur einmal geimpft worden waren, zu einer Masern-Impfung. Ausnahme: Schwangere dürfen nicht geimpft werden.
 

Ist die Zahl der Erkrankungen gestiegen?

Im laufenden Jahr sind bislang 634 Erkrankungen gemeldet worden. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2016 waren es 326 Fälle, 2015 wurden 2464 Erkrankungen gezählt. Aktuell ist Nordrhein-Westfalen mit 361 Fällen am stärksten betroffen, davon betrafen allein 306 die Stadt Duisburg. In Bayern gab es bislang 30, in Baden-Württemberg 38 und in Niedersachsen vier Fälle. In Brandenburg wurde eine Erkrankung gezählt, für Mecklenburg-Vorpommern liegen noch keine Daten vor.
 

Wie gefährlich sind Masern eigentlich?

Masernerkrankungen können zu Mittelohr-, Lungen- und Gehirnentzündungen führen. Bei Kindern unter fünf Jahren und Erwachsenen ab 20 Jahren ist das Risiko von Spätfolgen hoch. Bei schwerem Verlauf können die Masern sogar tödlich sein. In den Jahren 2011 und 2015 gab es jeweils einen Todesfall. Die am Wochenende in Essen verstorbene Frau war lediglich einmal geimpft. Laut dem Robert-Koch-Institut (RKI) sterben zwei von 1000 Patienten an den Folgen einer Masern-Infektion.
 

Wie groß sind die Impf-Lücken?

73,7 Prozent des Geburtsjahrgangs 2013 waren Ende ihres zweiten Lebensjahres zweimal gegen Masern geimpft. Im Klartext: Rund 180 000 Zweijährige in Deutschland haben keinen ausreichenden Schutz. Experten zufolge sind die Impflücken bei Erwachsenen besonders hoch. Nur 13,5 Prozent der Frauen beziehungsweise 12,6 Prozent der Männer zwischen 45 und 64 Jahren in Westdeutschland verfügen über einen ausreichenden Impfschutz. Im Osten sind es 25,2 Prozent bei den Frauen sowie 28,6 Prozent bei den Männern. Laut RKI sind die großen Impflücken der Grund, dass es immer wieder zu größeren Ausbrüchen kommt, wenn Masernviren von außen eingetragen werden.

 

Was sind die Gründe für neue Erkrankungen?

Beim aktuellen Ausbruch in Duisburg nennt das Gesundheitsamt als Grund, dass in der Stadt viele Südosteuropäer ohne Impfschutz leben. Zuletzt war es auch zu Masernfällen in Flüchtlingsunterkünften gekommen. Außerdem machen Impfgegner mobil und verunsichern mit ihren Warnungen Eltern, die das Risiko einer Masern-Erkrankung schließlich unterschätzen und auf eine Impfung ihrer Kinder verzichten. Ein weiterer Grund für Impflücken: Anfang der Siebzigerjahre war die Impfung eingeführt worden, wodurch die Zahl der Erkrankungen sank, was dazu führte, dass nur noch ein kleiner Anteil der Kinder geimpft wurde.