Berlin
"Schulz verliert die Nerven"

Union kontert Attacken des SPD-Herausforderers gegen Merkel

26.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:52 Uhr

Hielt sich in Sachen Schulz zurück: Bundeskanzlerin Angela Merkel unterhält sich in der CDU-Zentrale in Berlin mit Finanz-Staatssekretär Jens Spahn (links). - Foto: Macdougall/AFP

Berlin (DK) Am Tag danach heißt es "Feuer frei". Helle Empörung herrscht in der Union über den Angriff von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz auf Angela Merkel: "Starker Tobak", "billige Attacke", "absurde Argumente", "alte Schlager", kontern Unionspolitiker und nehmen den SPD-Vorsitzenden unter Feuer.

Hat Schulz eine Grenze überschritten mit seinem Vorwurf, Merkels Art, Wahlkampf zu führen, sei "ein Anschlag auf die Demokratie"?

Schulz' Vorwurf: Merkel verweigere systematisch die Debatte über die Zukunft des Landes. Die Kanzlerin wolle die Wähler sedieren, weiche konkreten Auseinandersetzungen über Programm und politische Inhalte aus, wolle quasi im Schlafwagen zur Bundestagswahl rollen. Hatte der Merkel-Herausforderer bisher direkte Angriffe gegen die Kanzlerin vermieden, setzt er jetzt angesichts der schwachen Umfragewerte und des Rückstands von bis zu 15 Prozentpunkte auf die Union offenbar stärker auf Konfrontation und Attacke.

Die CDU-Chefin versuche, mit ihrer Zurückhaltung und fehlenden Inhalten die Wahlbeteiligung bewusst niedrig zu halten, so Schulz. Mit der sogenannten "asymmetrischen Demobilisierung" solle erreicht werden, dass möglichst wenige SPD-Anhänger den Genossen ihre Stimme geben.

Die Kanzlerin und CDU-Chefin reagierte erst gestern Abend. "Eigentlich habe ich Martin Schulz immer anders erlebt und wahrscheinlich ist Wahlkampf auch ganz schön anstrengend", sagte sie. Und schob nach: "Schwamm drüber, würde ich sagen."

Dafür reagierten andere umso heftiger: Schulz verliere "zu einem relativ frühen Zeitpunkt des Wahlkampfes die Nerven", kritisierte CSU-Chef Horst Seehofer den SPD-Kanzlerkandidaten. "So groß darf die Verzweiflung niemals sein, dass wir Demokraten uns gegenseitig Anschläge auf die Demokratie vorwerfen", verurteilte CDU-Generalsekretär Peter Tauber via Twitter die Verbalattacke des SPD-Chefs.

Der SPD-Vorwurf an die Union, kein Wahlprogramm zu haben, sei "wohlfeil". Schließlich werde darüber noch abschließend beraten und es am kommenden Montag präsentiert, erklärte Tauber gestern. Schulz werde noch ausreichend Gelegenheit haben, sich am Programm der Union zu messen. Die SPD hatte ihr Wahlprogramm am vergangenen Sonntag auf ihrem Sonderparteitag in Dortmund verabschiedet. CDU und CSU beraten am kommenden Wochenende abschließend und wollen am kommenden Montag in Berlin ihr Programm präsentieren.

Der Begriff Anschlag in Zeiten des Terrors - in der Union sieht man in Schulz' Wortwahl eine Grenzüberschreitung, eine Provokation. Solche "absurden Argumente" zeigten vor allem die Verzweiflung des SPD-Herausforderers, erklärte CDU-Vize Armin Laschet in Berlin. CDU und CSU seien in Kernfragen eng beieinander.

Dagegen erhält Schulz Rückendeckung aus den eigenen Reihen: "Demokratie lebt vom Wettbewerb - wer den verweigert und sogar mit niedrigen Wahlbeteiligungen zum eigenen Vorteil kalkuliert, der schläfert die Auseinandersetzung ein", bekräftigt SPD-Vizechef Thorsten Schäfer-Gümbel die Kritik an Merkel. "Das ist das Gegenteil von lebendiger Demokratie, deshalb hat Martin Schulz vollkommen recht, wenn er diese Strategie der Union anprangert", erklärte er im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion.