Berlin
Merkel zieht das Tempo an

Die Kanzlerin startet aber mit schlechten Umfragewerten in den Wahlkampf

10.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:39 Uhr

Berlin (DK) Die Kanzlerin ist zurück aus dem Urlaub. Nun kann der Wahlkampf richtig losgehen. Vorbei die Zeit der Entspannung in Südtirol, in der Bergidylle rund um ihren Ferienort Sülden. Doch ihren ersten Arbeitstag nach den Ferien wird sie sich wohl anders vorgestellt haben - jedenfalls nicht mit solch miesen Schlagzeilen. "Merkel verliert dramatisch an Zustimmung" oder "Die alternativlose Kanzlerin rutscht in der Wählergunst ab", heißt es da vielerorts. Hintergrund sind neue Umfragen im Auftrag des ARD-"Deutschlandtrends".

Demnach ist der Anteil der Befragten, die mit der Arbeit der CDU-Vorsitzenden "zufrieden" oder "sehr zufrieden" sind, im August gegenüber dem Vormonat um satte zehn Prozentpunkte zurückgegangen - auf nun 49 Prozent. Und die Zufriedenheit mit der Arbeit der Bundesregierung sank um sieben Punkte. Ein schlechtes Omen für Merkel vor dem Start in die heiße Phase des aktuellen Wahlkampfes?

In der Union winkt man sofort ab und verweist darauf, dass CDU und CSU in der Sonntagsfrage unverändert bei 39 Prozent liegen. Der gesunkene Beliebtheitswert der Kanzlerin wird auch dadurch relativiert, dass ihr Herausforderer nicht wirklich profitiert - ganz im Gegenteil. SPD-Chef Martin Schulz verliert im Beliebtheitsranking sogar weiter an Boden. Vier Prozentpunkte weniger für den Kanzlerkandidaten der Genossen. Für die Sozialdemokraten eine katastrophale Nachricht. Nur noch 33 Prozent der Befragten sind mit der derzeitigen Arbeit des früheren Europa-Parlamentspräsidenten zufrieden.

Schulz, der von seiner Partei im Frühjahr noch als großer Hoffnungsträger gefeiert worden war, stürzt bei seinen persönlichen Werten damit auf einen neuen Tiefstwert ab. Bei einer Direktwahl des Bundeskanzlers würden sich 30 Prozent für ihn entscheiden, stolze 52 Prozent dagegen für die Amtsinhaberin von der CDU. Die SPD gewinnt in der Sonntagsfrage zwar immerhin einen Prozentpunkt hinzu, bleibt aber mit nunmehr 24 Prozent weit abgeschlagen. Interessant dabei: Beliebter als Merkel und Schulz sind der Umfrage zufolge Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Außenminister Sigmar Gabriel - ehemaliger Chef der SPD.

Bleibt die Kanzlerin nun trotz der verschlechterten persönlichen Werte bei ihrer Strategie der sogenannten asymmetrischen Demobilisierung? Verzichtet sie weiter auf große inhaltliche Zuspitzungen mit dem Kalkül, die Anhänger der Konkurrenz "einzuschläfern" und davon abzuhalten, wählen zu gehen? Ab heute ist Merkel jedenfalls wieder öffentlich präsent, empfängt den UN-Flüchtlingskommissar und besucht die Stasi-Gedenkstätte in Berlin-Hohenschönhausen. Gewohnte Terminflut für die Kanzlerin.

Und dann will sie das Tempo richtig anziehen, spricht am Samstag bei einer CDA-Veranstaltung, hat in der kommenden Woche jeden Tag gleich zwei größere Redeauftritte in Planung - auf Marktplätzen, an belebten Strandpromenaden und in Fußgängerzonen zwischen Cuxhaven, Wunstorf und Siegen. Ihr großer Sommerauftritt vor der Bundespressekonferenz ist ebenfalls fest eingeplant und bereits in Vorbereitung. Merkel gibt Gas und eröffnet damit endgültig den Wahlkampf.

Sieben Wochen vor der Bundestagswahl macht sich die SPD unterdessen Mut mit dem Blick in die Vergangenheit: 2005 habe Gerhard Schröder zum gleichen Zeitpunkt sogar 18 Prozentpunkte zurückgelegen, am Wahlabend dagegen nur noch 0,7 Punkte. Allmählich beginnt die Wahlkampfphase, von der sich Kanzlerkandidat Schulz die Trendwende verspricht: der Endspurt. Umfragen seien das eine, Wahlergebnisse etwas anderes, betont Schulz.

Natürlich macht er sich bereits Gedanken über die Zeit nach dem 24. September. Im Dezember will er wieder als Parteivorsitzender kandidieren - unabhängig vom Wahlausgang. Doch Schulz will noch einmal angreifen, glaubt als Redner auf den Marktplätzen die Stimmung drehen zu können. Und fest im Visier hat Schulz den 3. September: Vor Millionenpublikum im TV-Duell mit der Kanzlerin lässt es sich wohl am besten punkten.