Bedenken gegen Kompromiss bei Rente mit 63

Regierung will Welle von Frühverrentungen verhindern – Doch die Ministerien verweisen auf verfassungsrechtliche Risiken

14.05.2014 | Stand 02.12.2020, 22:42 Uhr

Berlin (DK) In der Bundesregierung gibt es erhebliche Bedenken gegen das schwarz-rote Kompromissmodell zur Rente mit 63. „Es bestehen verfassungsrechtliche Risiken“, heißt es in einer Stellungnahme von Bundesinnenministerium, Justizministerium und Arbeitsministerium, die unserer Berliner Redaktion vorliegt, mit Blick auf den sogenannten „rollierenden Stichtag“. Bei dem inzwischen von der Koalition favorisierten Modell würden bei der Rente mit 63 Zeiten von Arbeitslosigkeit nur bis zwei Jahre vor dem Wechsel in den vorgezogenen abschlagsfreien Ruhestand anerkannt werden. So sollen Frühverrentungsanreize verhindert werden.

Eine solche Ausschluss-Regelung könne „auch Personen erfassen, bei denen kein Mitnahmeeffekt vorliegt und deren Arbeitslosenzeiten nach der Entscheidung des Gesetzgebers potenziell berücksichtigungsfähig sind“, heißt es in der Stellungnahme der Ministerien. Die Experten verweisen auf den Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes. Daran müsse sich die Regelung messen lassen. Den genannten Personenkreis zur Verhinderung von Fehlanreizen auszuschließen, würde in der Gesetzesbegründung eine fachliche Darlegung erfordern, in welchem Umfang in diesem Zeitraum ein Fehlverhalten zu erwarten sei. „Die Beibringung einer solchen Begründung könnte unter Umständen mit Schwierigkeiten behaftet sein“, heißt es in der Stellungnahme weiter.

Die Grünen kritisierten das Kompromiss-Modell der Koalition. „Der rollierende Stichtag schafft mal wieder neue Ungerechtigkeiten. Neben Langzeitarbeitslosen drohen nun auch Arbeitslose mit 61 hinten runter zu fallen“, erklärte Markus Kurth, rentenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber zeigte sich zuversichtlich, dass bis zur Bundestagsentscheidung über die Rente mit 63 in gut einer Woche ein Kompromiss gefunden wird. Die Neuregelung müsse so gestaltet werden, dass sie Akzeptanz erhält, sagte Tauber gestern auf dem DGB-Kongress in Berlin. „Wir brauchen ein Signal an die junge Generation, dass das nicht zu ihren Lasten gehen soll.“

Tauber wies ausdrücklich Äußerungen von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) zurück. „Kraftmeierei ist nicht hilfreich“, sagte Tauber, und verwies dabei auf die Aussage von Nahles, die Warnungen vor einer Frühverrentungswelle auf dem DGB-Kongress am Dienstag als „hysterisches Gejaule“ bezeichnet hatte.

Tauber bekannte sich aber ausdrücklich zu der abschlagsfreien Rente ab 63 nach 45 Beitragsjahren. Das sei eine „kluge und besonnene Regelung“.