Von Trump lernen?

Kommentar

11.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:05 Uhr

Für Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu ist die Sache denkbar einfach: Wer Frieden für die Dauer-Krisenregion Nahost will, muss nur den Forderungen Israels nachkommen. Dann werden die Palästinenser sich schon in ihr Schicksal fügen und alle Konflikte sind ausgeräumt.

US-Präsident Donald Trump hat Netanjahu mit diesem schlichten Gedankengang überzeugt und so will Washington Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkennen. Ein Schritt, den seit 50 Jahren alle US-Präsidenten gescheut haben, aus Furcht vor den unkalkulierbaren Folgen.

Nicht umsonst hat sogar Saudi-Arabien - enger Handelspartner der Amerikaner und wichtigster Alliierter im Streit mit dem Iran - Trump im Vorfeld gewarnt. Schon die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem würde Muslime in der ganzen Welt provozieren und sie in Wut versetzen, erklärte König Salman.

Und jetzt kommt Netanjahu nach Brüssel und drängt die EU-Staaten, es zu machen wie Donald Trump. Kommt gar nicht infrage, erklärte ihm daraufhin die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini in erfrischender Deutlichkeit. Eine Lösung des Konflikts könne nur durch direkte Verhandlungen erreicht werden, mit dem Ziel einer Zwei-Staaten-Lösung. Denn natürlich hat jeder Staat das Recht, selbst zu bestimmen, wo seine Hauptstadt sein soll, aber nicht auf Gebiet, das von anderen beansprucht wird. Israel hat 1967 das arabische Ost-Jerusalem militärisch eingenommen und später annektiert - was als Bruch des Völkerrechts gilt. Die Situation ist derart heikel, dass die Jerusalem-Frage bisher bei allen Friedensverhandlungen ausgeklammert blieb. Für Donald Trump hingegen ist es kein Problem, mit einer Kerze ins Pulverfass zu leuchten.

Umso wertvoller die Stellungnahme der EU-Außenbeauftragten, die allerdings eine Festigkeit und Entschlossenheit vorspiegelt, die es in der Europäischen Union gar nicht gibt. Netanjahu konnte seine Forderung in Brüssel nur loswerden, weil ihn Litauen zu einem Frühstück der 28 EU-Außenminister eingeladen hatte. Eine Kritik an Trumps brachialem Vorgehen verhinderte Ungarn mit seinem Veto und Tschechien war nur mit Mühen davon abzuhalten, sich den Amerikanern anzuschließen und seine Botschaft auch nach Jerusalem zu verlegen.