Vom Rathaus in die Zelle

Kommentar

18.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:46 Uhr

Die Beweislast gegen Joachim Wolbergs muss erdrückend sein. Denn die Staatsanwaltschaft dürfte es sich intensiv überlegt haben, den regierenden Oberbürgermeister einer bayerischen Großstadt quasi vom Schreibtisch weg zu verhaften.

Dem Regensburger widerfuhr gestern das im Freistaat bislang wohl einmalige Schicksal, sein Amtszimmer im malerischen Rathaus der Reichsstadt mit einer Zelle tauschen zu müssen. Mit Wolbergs landete ein in der Donaumetropole bekannter Bauunternehmer hinter Gittern.

Die Anklagebehörde begründet den spektakulären Schritt mit Verdunkelungsgefahr. Verwunderlich ist aber, was nach über sechs Monaten aufwendiger Ermittlungen von den Beschuldigten noch unter den Teppich gekehrt werden könnte. Doch das ist nicht die einzige Frage, welche die Regensburger Affäre um mögliche Bestechlichkeit beziehungsweise Bestechung aufwirft.

Bislang hatte Wolbergs die Amigo-Affäre mit beeindruckender Beharrlichkeit ausgesessen. Warum hat er trotz der Schwere der Anschuldigungen nicht früher einen Schlussstrich gezogen und ist zurückgetreten? War das Hybris oder vielleicht doch Unschuld?

Fest steht, dass der Oberbürgermeister vor drei Jahren einen sehr aufwendigen Wahlkampf geführt hat, wie ihn sich die chronisch klamme SPD eigentlich nicht leisten konnte. Dass noch Jahn Regensburg von unsauberen Machenschaften profitiert haben soll, entbehrt nicht einer gewissen Komik: Denn die Kicker pendeln zwischen der Dritten und Vierten Liga. Entscheidend wird sein, ob das Geld nur der SPD und dem taumelnden Traditionsverein zugeflossen ist - oder ob Wolbergs die Hand aufgehalten hat. Mit seinem Kleben am Stuhl hat er jedenfalls sich selbst, seiner Partei und der Stadt einen immensen Schaden zugefügt.