Vielleicht der Wendepunkt

Kommentar

16.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:38 Uhr

Man konnte Stabschef John Kelly die Qualen regelrecht ansehen. Der stolze Vier-Sterne-General hat sich in den vergangenen Tagen nach Kräften bemüht, die jüngste Krise zu entschärfen. Er soll es gewesen sein, der Donald Trump doch noch dazu bewegt hat, den in den USA um sich greifenden Rassismus zu verurteilen - wenn auch reichlich spät und leidenschaftslos.

Und dann musste Kelly mit anhören, wie sein Präsident vor laufenden Kameras regelrecht ausflippte und seine Distanzierung vom Rechtsextremismus mehr als nur relativierte.

Es ist möglich, dass dieser Moment im Trump-Tower, in dem sogar Kelly fast unmerklich mit dem Kopf schüttelte, der Wendepunkt in der Präsidentschaft des früheren Immobilienmoguls war. Bisher haben ihm all seine Entgleisungen nichts anhaben können. Dass es für ihn eng werde, wie oft behauptet wurde - davon konnte bisher in Wahrheit nicht die Rede sein. Das könnte sich aber jetzt ändern.

Trumps Sympathiewerte sind ohnehin im Sinkflug. Namhafte republikanische Senatoren haben Trump kritisiert und Neonazis und Rassisten klar verurteilt. Die amerikanische Gesellschaft ist tolerant. Die Hetzer, die in Charlottesville aufgetreten sind, sind eine kleine Minderheit - die Trump indirekt zu weiteren Kundgebungen ermutigt. Dass ihn die eigenen Leute fallenlassen, ist für den 45. Präsidenten das größte Risiko. Mit seinem Wutanfall dürfte diese Gefahr deutlich zugenommen haben.