Trump als Friedensstifter

Kommentar

22.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:05 Uhr

Donald Trump nimmt eine bislang ungewohnte Rolle ein, gibt sich einmal nicht als Krawallmacher, sondern als Friedensstifter. Er reicht Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Hand, verharrt in demütiger Geste vor der Jerusalemer Klagemauer: Der US-Präsident sendet wichtige Signale bei seinem Nahost-Besuch.

Er meint es ernst mit seinem Versuch, Israelis und Palästinenser zurück an den Verhandlungstisch zu bringen, einen neuen Anlauf zum Frieden zu starten.

Ob er aber schafft, woran alle seine Vorgänger und besonders Barack Obama gescheitert waren, ist noch nicht abzusehen. Obama hatte vergeblich versucht, Netanjahu zu Friedensgesprächen zu zwingen, und dabei viel Porzellan zerschlagen. Trumps Bemühen, zunächst in Israel wieder Vertrauen zu schaffen, ist zumindest nicht verkehrt. Doch braucht er das Vertrauen beider Seiten, muss sich unmissverständlich zur Zweistaatenlösung bekennen und den Eindruck der Parteilichkeit vermeiden.

Zweifel sind angebracht, ob Trump wirklich Kraft und Konzentration aufbringen wird, den Nahostkonflikt zu entwirren. Wenn er daheim um sein Amt kämpfen muss, kann er kaum den Druck ausüben, der nötig sein wird, beiden Seiten Zugeständnisse abzuringen. Auch lässt er weiter jedes Fingerspitzengefühl vermissen, wenn es um die Spannungen in der Region geht. Sein kompromissloser Konfrontationskurs gegenüber dem schiitischen Iran und der Mega-Rüstungsdeal mit dem sunnitischen Saudi-Arabien tragen nicht zur Beruhigung der Lage bei.

Und doch sind die Hoffnungen, die jetzt in Trump gesetzt werden, nicht vollständig unbegründet. Der Präsident hat als Deal-Einfädler wohl Qualitäten. Eine Chance wird er aber nur dann haben, wenn er Israelis und Palästinenser davon überzeugen kann, dass beide Seiten am Ende vom Frieden profitieren.