Ingolstadt
Schleckers Schuld

Kommentar

27.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:09 Uhr

Das von vielen früheren Beschäftigten Anton Schleckers und wohl auch etlichen seiner Gläubiger mit Spannung erwartete Urteil ist gesprochen: Der einstige Alleinherrscher über das ehedem größte europäische Drogeriemarktimperium kommt für seine Milliardenpleite mit einer Bewährungsstrafe davon, seine Kinder dagegen sollen unter anderem wegen Untreue, Insolvenzverschleppung sowie Bankrotts ins Gefängnis.

Es mag nun auf den ersten Blick unverständlich erscheinen, dass Schlecker nicht auch hinter Gitter soll. Nur: Mit seinem Unternehmen zu scheitern ist an sich nicht strafbar. Zumal der reichlich beratungsresistente Herr über einstmals mehr als 14 000 Filialen nach eigenem Bekunden bis kurz vor dem bitteren Ende glaubte, sein Unternehmen doch noch retten zu können. Auch Blindheit gegenüber der Wahrheit lässt sich dem als eingetragenen Kaufmann mit seinem Privatvermögen haftenden Unternehmer nicht als Straftatbestand ankreiden.

Wohl aber trifft den ehemaligen Drogeriekönig die moralische Schuld an dem Verlust von rund 27 000 Arbeitsplätzen. Zumal Schlecker wegen der Arbeitsbedingungen, die in seinem Reich herrschten, wiederholt in die Kritik geriet - und das nicht nur von Gewerkschaftsseite. Unternehmerische Verantwortung darf nicht nur der Dicke der eigenen Brieftasche verpflichtet sein, sondern auch dem Wohl der Beschäftigten.

Die Umstände der Pleite legen allerdings den Verdacht nahe, dass für den Drogerie-Clan das Wohl der eigenen Familie an erster Stelle stand - und dann lange gar nichts. Nicht umsonst hat das Gericht die Schlecker-Kinder zu Haftstrafen verurteilt: Sie zogen nach Auffassung des Gerichts noch Millionen aus dem Unternehmen, als die Pleite des Konzerns mit Sicherheit absehbar war.

Den sogenannten Schlecker-Frauen nutzt das alles nichts mehr. Die wenigsten haben eine neue Beschäftigung gefunden. Auch von den 14 Millionen Euro, die die Schleckers zur Wiedergutmachung des Schadens gezahlt haben, werden sie keinen Cent sehen. Und wieder einmal bestätigt es sich: Die Kleinen sind die Dummen.

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