Nichts als Selbstmitleid

Kommentar

09.12.2015 | Stand 31.01.2019, 10:05 Uhr

Darauf hatten viele gewartet: Beate Zschäpe sagt endlich im NSU-Prozess aus, macht reinen Tisch, reflektiert das Geschehene, zeigt so etwas wie Einsicht und Reue. Stattdessen präsentierte sie sich am 249. Verhandlungstag in einem seit Mai 2013 andauernden Mammutprozess selbst als Opfer.

Als treudeutsches Heimchen am Herd, das brav seine Freunde Böhnhardt und Mundlos versorgte, während die Männer mutmaßlich draußen beim Morden waren. Als unbedarfte Mitläuferin, die nur am Rande und immer erst hinterher von den Gewalttaten erfahren haben will. Als schwache Frau, die „fassungslos“ gewesen sei, als sie von den Taten hörte.
 
Fassungslos zeigen sich da nicht nur die Angehörigen der Opfer – einmal mehr enttäuscht in ihrer Hoffnung, den gewaltsamen Tod geliebter Menschen aufarbeiten zu können, soweit das überhaupt möglich ist. Zumindest eine „moralische Schuld“ räumt Zschäpe ein, nicht mehr und nicht weniger. Dabei waren schon 1998 Waffen und Rohrbomben bei ihr gefunden worden, das alles passt ins Bild. So naiv, wie die Angeklagte sich jetzt darstellt, kann sie also nicht sein, außer sie hätte in all den Jahren im Zusammensein mit ihren Freunden Augen und Ohren permanent verschlossen.

Zwei Männer, mit denen sie im Untergrund hautnahes Miteinander pflegte, die mehr als ein Jahrzehnt lang vom und fürs Verbrechen gelebt haben sollen – und sie will von alldem immer erst im Nachhinein bemerkt haben? Ein Widerspruch in sich und indirekt ein Eingeständnis, nicht nur Mitwisserin, sondern doch Mittäterin gewesen zu sein. Wie integriert Zschäpe im NSU tatsächlich war, zeigt allein ihr gezieltes Vorgehen nach dem Freitod ihrer Gefährten. Mit Feuer versuchte sie, belastende Spuren in der Wohnung des Trios in Zwickau zu beseitigen.

Die gestrige Vorstellung der Beate Zschäpe war vor allem eines: der Versuch der Angeklagten, ihren Kopf aus der Schlinge zu ziehen, ihr Bild von der Terrorbraut in das einer hilflosen Frau zu verwandeln, ein durchsichtiges taktisches Manöver, um bei Gericht besser wegzukommen. Der Strafsenat wird ihre Aussagen richtig einzuschätzen wissen. Denn echte Antworten gibt die Angeklagte nicht. Sie zerfließt nur vor Selbstmitleid. Da hätte sie besser weiter geschwiegen.