Kanzlerin unter Druck

Kommentar

04.12.2015 | Stand 02.12.2020, 20:27 Uhr

Ist das schon die Wende? Bundeskanzlerin Angela Merkel kann sich wieder über größere Zustimmung für ihre Politik freuen. Und auch bei den Sympathiewerten kann die Kanzlerin zulegen. Kaum hat die Regierungschefin ihren Kurs in der Flüchtlingskrise korrigiert, kaum kommen weniger Menschen nach Deutschland, da steigt auch ihre Popularität wieder.

Plötzlich ist von Kontingenten die Rede, drängt Merkel auf Sicherung der europäischen Außengrenzen und die Hilfe der Türkei. Hat es die Kanzlerin bereits geschafft und einen weiteren Absturz verhindert? Oder erleben wir nur eine Atempause?

Die höchst ungewöhnliche Mahnung von EU-Ratspräsident Donald Tusk jedenfalls, Merkel möge in der Flüchtlingspolitik umkehren und sich wieder auf europäisches Recht und dessen Einhaltung besinnen, zeigt deutlich, wie sehr die vergangenen Monate Europa gespalten haben und wie weit die Gemeinschaft von einer solidarischen Lösung der Probleme entfernt ist. Der Plan der Kanzlerin, die EU soll die Türkei entlasten und ihr Flüchtlinge abnehmen, stößt bei den europäischen Partnern nicht auf Gegenliebe.

Bereits beim nächsten noch größeren Flüchtlingsstrom wird sich zeigen, dass eine Politik ohne jede Obergrenze ins Chaos führen wird. Wenn die Landesinnenminister jetzt hierzulande hart mit dem neuen Chef des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Frank-Jürgen Weise, ins Gericht gehen, weil der kurz nach Übernahme dieser Aufgabe auch weiter keine positiven Nachrichten zur Beschleunigung der Asylverfahren bieten kann, dann zielt diese Kritik vor allem auch auf die Kanzlerin.

Und noch immer lässt das mühsam geschnürte zweite Asylpaket auf sich warten. Dabei fordern die Kommunen bereits weitere Maßnahmen, weil sie längst an die Grenzen der Belastbarkeit gekommen sind. Mag der Umfrageabsturz auch gebremst sein, die Krise ist noch längst nicht unter Kontrolle und bis zum Wir-schaffen-das noch ein weiter Weg.