Kalte Dusche für Schulz

Kommentar

14.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:57 Uhr

"Hochzufrieden" war CSU-Chef Horst Seehofer nach der Sondierung am Freitag. Die Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel lobte SPD-Chef Martin Schulz ausdrücklich dafür, dass er stets für so gutes Klima gesorgt habe.

Und Schulz selbst bescheinigte sich ein "hervorragendes" Ergebnis. Aber schon am Samstag war Schluss mit der Euphorie. Der SPD-Parteitag in Sachsen-Anhalt votierte gegen eine Koalition mit der Union, und seitdem äußern selbst führende Sozialdemokraten Zweifel daran, ob die Schulz-Delegation wirklich so "hervorragende" Arbeit geleistet hat. Oder doch nur von CDU und CSU über den Tisch gezogen wurde.

Dabei war die Ausgangslage doch einmalig günstig für die SPD. Denn sie sträubt sich gegen die Wiederauflage der großen Koalition. Beide Unionsparteien hingegen wollen unbedingt an der Regierung bleiben. Zudem war die CSU leicht erpressbar. Sie tut nach wie vor so, als würde das Fernhalten von Flüchtlingen alle Probleme in Deutschland verschwinden lassen - und die AfD gleich mit. Deshalb ist für die Christsozialen die Seehofer'sche Obergrenze auch nicht verhandelbar - gleichgültig, unter welcher Bezeichnung sie gerade firmiert. Im Gegenzug hätten Martin Schulz und die seinen deshalb auch heftige sozialdemokratische Forderungen durchsetzen können. Ganz nach dem Motto: "Obergrenze - nun ja, aber nur wenn die Bürgerversicherung kommt." Die CDU hätte das am Ende mitgetragen, wenn nur ihr einziges Hauptziel erfüllt wird, dass Merkel Bundeskanzlerin bleibt.

Und was ist passiert? Seehofer hat seine Obergrenze, die CDU ihre Kanzlerin und die SPD ein 28-seitiges Sondierungsprotokoll, das zwar viele eigene Positionen beinhaltet, aber kein einziges großes sozialdemokratisches Identifikationsobjekt. Genau das aber wäre unbedingt nötig, um bei der nächsten Wahl wieder Anhänger anzulocken.

Dass Schulz in Koalitionsverhandlungen seinen schlimmen Fehler aus der Sondierung ausbügeln kann, ist kaum zu glauben. Auch wenn nicht sofort Unionspolitiker jede substanzielle Nachbesserung schroff abgelehnt hätten. Garniert noch mit der Dobrindt-typischen Provokation, die Bedenken auch führender Sozialdemokraten seien doch ohnehin nicht mehr als ein "Zwergenaufstand".

Am kommenden Sonntag aber wird ein Sonderparteitag der SPD über die Aufnahme oder Blockierung von Koalitionsverhandlungen entscheiden. Dann haben die vermeintlichen "Zwerge" ihre große Chance.