Juristischer Haken

Kommentar

02.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:36 Uhr

Ihr politisches Spitzenamt musste sie wegen der Modellbau-Affäre schon aufgeben, zumindest das juristische Nachspiel fällt für die Ex-Staatskanzleichefin vergleichsweise glimpflich aus: Die Betrugsermittlungen gegen Christine Haderthauer wurden eingestellt, auch schwere Steuervergehen im Zusammenhang mit dem Verkauf von Modellautos kann ihr die Staatsanwaltschaft München II nicht nachweisen. Eine Anklage bleibt der Ingolstädter Landtagsabgeordneten erspart.

Aus dieser Sicht ist es zunächst ein guter Tag für Christine Haderthauer.

Die Sache hat aber einen Haken. Auch wenn sich die Mitteilung ihres Anwalts so liest, als hätte Christine Haderthauer nun eine weitgehend weiße Weste, so steht jetzt fest: Die Ermittler sind davon überzeugt, dass die CSU-Politikerin in den Jahren 2007/2008 eine Straftat begangen hat. Denn der 52-Jährigen droht ein Strafbefehl – und der wird nicht bei Ordnungswidrigkeiten, sondern nur bei Straftaten erlassen. Hinter der harmlosen Formulierung des Anwalts, der von einem „möglichen Verstoß gegen die AO“ (Abgabenordnung) spricht, verbirgt sich ein Steuerdelikt.

In den Jahren 2007/2008 war Haderthauer nicht mehr Gesellschafterin der Firma Sapor Modelltechnik – und hatte nach eigenem Bekunden mit den Geschäften des Unternehmens nichts mehr zu tun. Das wirft die Frage auf: Warum droht ihr dann ein Strafbefehl? Ihrem Anwalt zufolge will Haderthauer diesen akzeptieren. Das hätte für die Ex-Ministerin den Vorteil, dass es zu keinem Gerichtsprozess käme.

Noch kann es sich Hader-thauer freilich anders überlegen, gegen einem möglichen Strafbefehl Einspruch einlegen und doch öffentlich in einem Gerichtssaal den Beweis ihrer Unschuld antreten. Sollte es jedoch so kommen, wie es ihr Anwalt ankündigte, wäre es eine schwere Bürde für die politischen Zukunftsaussichten Haderthauers, die lange Zeit als Anwärterin auf die Nachfolge von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) gegolten hatte. Der Makel einer Straftat würde schwer auf ihr lasten – ein Comeback in höheren politischen Ämtern wäre dann mehr als fraglich.