Geduld ist gefordert

Kommentar

08.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:05 Uhr

Lange hat es gedauert, sehr lange. Vor gut 18 Monaten fiel die Entscheidung für den Brexit. Im März dieses Jahres erfolgte der offizielle Startschuss für die zweijährigen Austrittsverhandlungen.

Aber jetzt erst konnte man sich auf ein erstes Verhandlungsergebnis einigen. Und da ging es lediglich darum, wie die Modalitäten der Trennung lauten, nicht darum, wie die künftigen Beziehungen aussehen sollen.

Doch besser spät als nie. Mit der am Freitag getroffenen Vereinbarung hat man Klarheit über die rechtliche Stellung von EU-Bürgern im Königreich und von Briten in der EU: Ihre Situation wird nicht angetastet. Auf der irischen Insel wird es keine harte Grenze geben, was für den Friedensprozess unabdingbar war. Und nachdem Großbritannien sich prinzipiell bereit erklärt hat, allen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen, die es während der EU-Mitgliedschaft eingegangen war, haben die anderen EU-Staaten Planungssicherheit.

Nun soll es umgehend in die zweite Phase gehen, wo man über das künftige Freihandelsabkommen sprechen will, aber mit schnellen Fortschritten ist auch hier nicht zu rechnen. Der britische Finanzminister Philip Hammond verriet in einem Unterhausausschuss, dass das britische Kabinett noch kein einziges Mal darüber beraten hat, wie der "Endzustand des Brexit" aussehen soll. Soll heißen: welches Wirtschaftsmodell man ansteuert.

Zur Auswahl stehen zwei diametrale Positionen. Die Singapur-Option, wie sie Außenminister Boris Johnson anstrebt, würde auf eine Volkswirtschaft hinauslaufen, die auf niedrige Steuern und minimale Regularien setzt. Das andere Modell, für das Hammond streitet, plädiert dafür, dass sich Großbritannien weiter eng an der EU orientiert.

Der harte Kampf, wohin die Reise geht, ob harter oder weicher Brexit, ist zwischen den Euroskeptikern und pragmatischen Konservativen noch lange nicht ausgefochten. Man darf davon ausgehen, dass auch hier eine Lösung lange auf sich warten lassen wird.