Es gibt gute Gründe

Kommentar

22.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:36 Uhr

Michael Brand ist der menschenrechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion. Er hat sicher Recht, wenn er sagt: "Weder ist es generell unproblematisch, nach Afghanistan abzuschieben, noch ist ein genereller Abschiebestopp angemessen." Es geht also um eine Bewertung der Einzelfälle.

Natürlich erscheint es problematisch, Menschen in ein Land zurückzubringen, das immer wieder mit Terroranschlägen und Gewalt von sich reden macht. Auch die Berichte des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen zeugen von einer überaus fragilen und angespannten Sicherheitslage am Hindukusch. Deshalb ist es verständlich, dass in den vergangenen Wochen immer wieder Menschenrechtler über die Abschiebung von Dutzenden Afghanen in ihre Heimat entsetzt waren. Dennoch gibt es Argumente, die für solche Maßnahmen sprechen.

Viele der Menschen aus Afghanistan sind nicht in die Bundesrepublik gekommen, weil sie in ihrer Heimat um ihr Leben und ihre Sicherheit gefürchtet haben. Für einen Großteil der Afghanen spielt Terror im Alltag praktisch keine Rolle. Was nicht heißt, dass manche Lebensrisiken am Hindukusch nicht höher sind als in Europa. Das größte Problem in dem von jahrzehntelangen Konflikten geschundenen Land ist also nicht mehr der Krieg, sondern Armut und Perspektivlosigkeit. Deshalb sind es vor allem junge Männer, die ihr Land verlassen haben, um ihr Glück in Europa und in Deutschland zu suchen, um Geld zu verdienen und die Daheimgebliebenen zu unterstützen. Angelockt werden sie dabei durch Versprechungen der Schlepper. Darum ist es durchaus zu rechtfertigen, abgelehnte Asylbewerber auch nach Afghanistan zurückzubringen.

Aber: Es muss in jedem Fall eine eingehende Prüfung aller Umstände geben. Einige Bundesländer mögen das anders sehen, doch der Rechtsstaat kann nicht tolerieren, dass sich Tausende Menschen illegal hierzulande aufhalten. Und es gibt noch einen Grund, warum das Kabinett gestern die Erleichterung von Abschiebungen und der Abschiebehaft für Gefährder auf den Weg gebracht hat: um sich um jene kümmern zu können, die wirklich vor Krieg, Verfolgung und Tod geflüchtet sind. Denn diese Menschen müssen in Deutschland weiterhin eine Perspektive und auch Schutz erhalten.