Eine Scheindebatte

Kommentar

13.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:42 Uhr

Sprache besitzt Macht. Wie wir uns ausdrücken, entlarvt unser Denken. Sprache ist ein Bezugspunkt für die eigene oder auch die nationale Identität.

Welche Wörter man verwendet oder bewusst vermeidet, sagt etwas darüber aus, wer wir sind. Es kommt nicht von ungefähr, dass heute zahlreiche Vokabeln aus dem Wortschatz getilgt sind. Beispielsweise ist es verpönt, einen schwarzen Menschen als "Neger" zu bezeichnen. Der Begriff aus dem 17. Jahrhundert ist zu eng mit der Geschichte der Sklaverei und Rassentheorie verbunden. Die Abgrenzung von diesem dunklen Kapitel erfolgt durch eine veränderte Sprache. Ähnlich ist es mit Worten aus dem NS-Jargon.

Wer nun aber meint, diese Logik gelte auch für Marlies Krämer, die bis vor dem Bundesgerichtshof dafür gekämpft hat, von ihrer Sparkasse als "Kundin" und nicht als "Kunde" bezeichnet zu werden, der irrt. Denn hier liegt keine Diskriminierung vor. Die 80-Jährige hat die gleichen Rechte und Pflichten wie alle männlichen Kunden auch. Sie argumentiert, die Sprache sei der Schlüssel zur Gleichberechtigung. Tatsache ist aber vielmehr: So lange Frauen und Männer für die gleiche Arbeit nicht das gleiche Geld bekommen und Frauen nicht die gleichen Chancen auf eine Karriere haben, weil von ihnen verlangt wird, sich um die Kinder oder pflegebedürftige Eltern zu kümmern, wird es ihnen herzlich egal sein, ob sie "Kunde" oder "Kundin" genannt werden.

Mit theoretischen Scheindebatten tut man den Frauen keinen Gefallen. Im Gegenteil: Man verliert den Blick für das Wesentliche.