Ein Kraftakt

Kommentar

14.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:38 Uhr

Vollbeschäftigung - das ist ein vollmundiges Versprechen. Im Schlafwagen und zum Nulltarif wird es kaum zu erreichen sein. Die Ausgangslage könnte allerdings besser kaum sein.

Der demografische Wandel in Kombination mit einer erstaunlich langen Aufschwungphase bescheren Deutschland immer neue Beschäftigungsrekorde. Tatsächlich gibt es insbesondere in Bayern und Baden-Württemberg längst Landkreise, in denen Vollbeschäftigung - nach gängiger Definition zwei bis drei Prozent Arbeitslosigkeit - längst Realität sind. Doch das gilt bei Weitem nicht flächendeckend.

Arbeitsministerin Andrea Nahles hat zu Recht auf einen Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit bei der Union hingewiesen. Der vorliegende Haushaltsentwurf des Bundesfinanzministers sieht nicht etwa steigende Mittel für den Kampf gegen Langzeitarbeitslosigkeit vor, sondern eine Kürzung. Formal hat Angela Merkel natürlich Recht mit ihrer Replik, der Haushalt werde erst nach der Bundestagswahl verabschiedet und der Etat der Arbeitsministerin sicherlich noch aufgestockt. Doch bleibt die Aussage ebenso unbefriedigend wie die kurze Passage zum Thema Langzeitarbeitslosigkeit im Wahlprogramm der Union.

Wer mit Vollbeschäftigung wirbt, sollte schon genauer sagen können, wie dieses Ziel konkret erreicht werden soll. Ein Selbstläufer ist es jedenfalls nicht. Das zeigt schon der Blick in die Statistik. Erwerbsfähige Hartz-IV-Empfänger sind aktuell deutlich länger arbeitslos als noch zu Beginn des Jahrzehnts, oft ohne Ausbildung, älter als 55 Jahre oder gesundheitlich beeinträchtigt. Sie in Beschäftigung zu bringen, setzt einen Kraftakt voraus - auch finanziell.